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SPD-Gesetzentwurf zu Lohngleichheit"Reine Wahlkampfstrategie"

Kurz vor der Wahl kommt die SPD mit einem Gesetzenwurf, der die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen schließen soll. Frauen erhalten durchschnittlich 23 Prozent weniger.

Seit 2008 findet jedes Jahr am 15. April der "Equal Pay Day" statt. Symbol für diesen Tag ist die "rote Handtasche". Bild: dpa

BERLIN taz | Knapp drei Wochen vor der Bundestagswahl hat Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen schließen soll. Der Entwurf solle noch in diesem Jahr im Kabinett eingebracht werden, sagte Scholz am Mittwoch in Berlin. Derzeit verdienen in Deutschland Frauen im Schnitt 23 Prozent weniger als Männer, bei gleicher Qualifikation, gleichem Alter und gleichem Beruf liegt die Lohnschere bei 12 Prozent.

Der Gesetzesentwurf des Ministers entspricht Vorschlägen aus dem SPD-Wahlkampfprogramm für die nächste Legislaturperiode. Vorgesehen ist, dass die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und der jeweilige Betriebsrat ein Unternehmen auffordern können, Statistiken über die Lohnstruktur zu erstellen.

Angestellte Frauen sollen über diesen Weg die nötigen Informationen erhalten, um vor Gericht gegen eventuelle Lohndiskriminierung zu klagen. Die Berechnung soll, so der Vorschlag, durch das in der Schweiz bereits verwendete Computerprogramm "Logib" ermöglicht werden, das bereits im März von Arbeitsminister Scholz und Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) vorgestellt worden war.

"Nach Vorstellung der Union soll die Lohnanalyse ohne rechtliche Folgen sein", sagte Scholz am Mittwoch. Die SPD jedoch wolle kein "zahnloses" Instrument.

Die Kosten für die Durchführung einer Entgeltanalyse belaufen sich laut Entwurf auf 170 Euro, insgesamt 78.000 Euro Bürokratie- und Sachkosten entstehen. Scholz räumte ein, mit dem späten Entwurf kurz vor Ende der Legislatur auch Wahlkampf zu betreiben. Mit der Union habe man diese Ziele bisher nicht durchsetzen können.

Der Vorstoß des Ministers wurde von der Union als "fadenscheinig" kritisiert. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Ilse Falk, erklärte: "Zum jetzigen Zeitpunkt einen Gesetzesentwurf vorzulegen ist reine Wahlkampfstrategie." Das Instrument Logib dürfe nicht mit einer gesetzlichen Verpflichtung verbunden werden, "ohne der Wirtschaft die Chance einzuräumen, selbstständig tätig zu werden". In ihrem Wahlkampfprogramm schlägt die Union "freiwillige Lohntests" für Unternehmen vor und setzt auf eine "pragmatische" Umsetzung der Wirtschaft.

Ekin Deligöz, die familienpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, sagte: "In den letzten vier Jahren war die SPD nicht bereit, über zahlreiche Anträge zur Lohnlücke der Grünen zu debattieren." Generell sei der Vorstoß aber gut und "überfällig." "Wir brauchen aber auch eine höhere Bewertung von typischen, derzeit schlecht bezahlten Frauenarbeitsplätzen", so Deligöz.

Die Linke warf Scholz Aktionismus vor. "Seit elf Jahren ist bekannt, dass Frauen rund ein Viertel weniger verdienen als Männer. Jetzt verfällt die SPD plötzlich in einen bemerkenswerten Aktionismus", sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Barbara Höll.

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5 Kommentare

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  • R
    Renegade

    Vielleicht kommt auch bei diesem Artikel die alte Grünen-Affinität der taz durch...

     

    Diese ganze Sinnlospolitik der Antidiskriminierungs- und Emanzipationsliga schafft nur eins, nämlich mehr Diskriminierung und eine Verhärtung der Tatsache, dass Frauen und Farbige, Schwule und Behinderte und wer auch immer eben nicht gleichwertige Menschen sind, sondern Quoten brauchen, um sich gegen den normalen weißen Mann durchzusetzen.

  • MC
    Mrs. Claypool

    Das problem dürfte eher darin liegen, dass "typische frauenberufe" meistens schlecht entlohnt werden - warum verdient eine friseurgesellin gerade mal ca. 1100€ brutto? warum wird in sozialberufen (erzieherInnen, pädagogInnen, pflegerInnen ...) so mies gezahlt? weil die leistung in der arbeit mit menschen so schlecht messbar ist? schlechter jedenfalls als die eines industriemechanikers? weil das arbeit ist, die man doch sooo gerne macht, weil man so lieb und nett und philanthropisch gepolt ist und eigentlich kann das ja auch jedeR (kinder erziehen, eltern beraten, jugendliche ins erwachsenenleben begleiten und leiten, alte umbetten, kranke trösten...) - solange gesellschaftlich nicht anerkannt wird, dass für diese arbeit eben mehr als "gesunder menschenverstand" benötigt wird und dass die arbeit sowohl anstrengend als auch notwendig und wertvoll für ALLE ist, wird sich aber wohl nix ändern - *seufz* - solange träum ich von einer angemessenen bezahlung für meine leistungen, die eben leider nicht immer sofort und in euro&cent messbar sind.

  • M
    Marik

    Wieso lügt ihr/ lügen die uns immer an?

    "Frauen erhalten durchschnittlich 23 Prozent weniger" Bewußt verkürzt dargestellt, also gelogen.

    Ich erlaube mir, zu zitieren:

    1.- Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 285 vom 13.07.2006

    „Aus dem geschlechterspezifischen Verdienstabstand kann nicht geschlossen werden, dass Frauen im gleichen Unternehmen für die gleiche Tätigkeit anders bezahlt werden als ihre männlichen Kollegen. Die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern lassen sich vielmehr durch Unterschiede in der männlichen und weiblichen Arbeitnehmerstruktur erklären. Diese sind beispielsweise gekennzeichnet durch Unterschiede im Anforderungsniveau, der Verteilung auf besser und schlechter bezahlte Wirtschaftszweige, der Größe der Unternehmen, der Zahl der Berufsjahre, der Dauer der Betriebszugehörigkeit und des Ausbildungsniveaus.“

     

    2.- BMFSJF, 2008:

    „Die in der Rede vom 8. März 2007 enthaltene Aussage von Frau Ministerin von der Leyen, dass ‚Frauen noch immer nur 77 % des männlichen Einkommens verdienen, wohlbemerkt für gleiche Arbeit’ ist daher in dieser Form nicht richtig und missverständlich, auch wenn er

    sich in den Medien oft so oder ähnlich findet.“

     

    3.- Renate Schmidt im Tagesschau-Chat am 3.6.2003

    „Frauen verdienen ja nicht weniger: bei gleicher Tätigkeit, gleicher Qualifikation und gleicher Berufserfahrung wird es sehr schwer nachzuweisen sein, dass es tatsächlich in nennenswertem Umfang (von Einzelfällen abgesehen) eine ungleiche Bezahlung gibt. ... Ansonsten ist Lohndiskriminierung auch heute schon bei uns verboten. Und jede Frau hat die besten Chancen, eine Klage zu gewinnen, wenn es eine ungleiche Bezahlung bei sonst gleichen Voraussetzungen gibt.“

     

    4.-EU-Kommissar Spidla, 2007: "Bei Lohngefälle geht es jedoch nicht um unterschiedliche Bezahlung für gleiche Arbeit", erläuterte der EU-Kommissar. Ein wichtiger Grund für das große Lohngefälle in Deutschland sei vielmehr, dass viele Frauen Teilzeit arbeiteten."

     

    Was also soll diese Lügerei? Und wieso, taz, recherchierst Du nicht, bevor Du sowas unkommentiert veröffentlichst?

  • U
    UweRietmöller

    Wie oft haben wir das schon durchgekaut?

    100.000 mal?

    1.000.000 mal?

    1.000.000.000 mal?

    Offenbar immer noch zu wenig.

    Also dann zum 1.000.000.001 mal:

    Kennt jemand wenigstens eine Müllfrau, die wenn die so viele Tonnen leert wie ihre Kollegen, dafür xx% weniger Gehalt kriegt?

    Und ... hier bitte alle Berufe eintragen ... und hier die übliche Frage.

     

    Natürlich, auch zum 1.000.000.001 mal werden die Diskriminierungsexperten diese Fragen nicht beantworten.

  • JK
    Juergen K.

    Alles was die SPD will, den Lohn gerade so zu setzen, dass man bei 350 Stunden im Monat gerade kein Hartz mehr kriegt,

     

    damit sie sämtliche Staatsknete in die Ärsche der Banken, Energie und Autobosse pressen kann.

     

    Die GROSSE Koalition, und deren Bestandteile ist ein

     

    END-Lager-PROBLEM