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SPD-Chef Gabriel gibt Kurs vorGrüner Ministerpräsident? Ohne mich!

Koalieren geht in Ordnung. Aber der oberste Sozi will seine Partei auf keinen Fall als Junior-Partner in einer von den Grünen geführten Regierung sehen. Deren Agenda sei fortschrittsfeindlich, so Gabriel.

Da hat sich nicht viel geändert: Auch für SPD-Chef sollen die Grünen der Kellner bleiben. Bild: dpa

BERLIN rtr | SPD-Chef Sigmar Gabriel lehnt es ab, als Junior-Partner eine Koalition mit den Grünen einzugehen. "Ich möchte nicht, dass ein grüner Ministerpräsident die Richtlinien der Politik bestimmt", sagte Gabriel am Dienstag in Berlin. "Die Konflikte eines 82-Millionen-Volkes, einer Großstadt wie Berlin, eines Industrielandes wie Baden-Württemberg, die können sie nicht mit der Reduktion auf einige wenige Themen aus dem grünen Kanon der Politikangebote beantworten." Gleichwohl seien die Grünen der favorisierte Koalitionspartner für die SPD, da es mit ihnen die meisten inhaltlichen Überschneidungen gebe.

Bei den Wahlen der Landesparlamente in Baden-Württemberg und in Berlin im kommenden Jahr haben die Grünen Umfragen zufolge gute Chancen, den Regierungschef zu stellen. In den Erhebungen schneiden die Grünen konstant besser ab als die SPD. Beide Parteien zusammen hätten demnach eine Regierungsmehrheit. Grünen-Chef Cem Özdemir hat bereits erklärt, die stärkere Koalitionspartner solle auch den Ministerpräsidenten stellen.

Gabriel warf den Grünen unrealistische politische Ziele vor. So könne man nicht den Ausstieg aus der Atomenergie bis 2020 fordern und die dann entstehende Versorgungslücke mit Gaskraftwerken bis zum Ausbau erneuerbarer Energien überbrücken, da dann für weite Teile der Industrie der Strompreis nicht mehr zu bezahlen sei.

Die Grünen lehnen nach Ansicht Gabriels mittlerweile jedes Infrastrukturprojekt ab. "Inzwischen sind die Grünen gegen Straße und gegen Schiene", sagte Gabriel vor dem Hintergrund des Stuttgart-21-Streits. Die Grünen lehnen den Umbau des Stuttgarter Kopfbahnhofs in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof ab. Die SPD, die ursprünglich das umstrittene Projekt gefördert hatte, möchte nun, dass mit einer Volksabstimmung über Milliardenprojekt entschieden wird.

Der SPD-Chef warf den Grünen vor, technische Innovationen abzulehnen. "Es gibt keinen Fortschritt in der Geschichte der Menschheit ohne Risiko." Die Grünen aber wollten nichts entscheiden und dies als Fortschritt verkaufen. Diese Vorstellungen hätten Sozialdemokraten nicht. "Das ist ein ganz großer kultureller Unterschied zu den Grünen und deswegen ist es gut, wenn wir gemeinsam regieren, aber es ist auch notwendig, dass die Sozialdemokratie das Zentrum einer solchen Regierung ist und nie zur Peripherie wird."

Gabriel schlägt mit seiner Ablehnung grüner Ministerpräsidenten einen anderen Ton an als der Chef der baden-württembergischen SPD, Nils Schmid. Der hatte kürzlich verlautbart, er könne sich auf der Landesebene die Sozialdemokraten sehr wohl als Juniorpartner in einer Regierung mit den Grünen vorstellen, sollten das die Ergebnisse der Landtagswahl im März 2011 hergeben. Im Ländle sind laut Umfragen die Grünen in der Wählergunst seit Wochen weit vor der SPD.

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23 Kommentare

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  • M
    Markus

    Die SPD lernt es einfach nicht!

    Sie. Lernt. Es. Einfach. Nicht.

     

    Sie kann hundert mal auf die Schnauze fliegen und lernt es nicht...

  • S
    Sonja

    Mensch, Gabriel! So viel oberflächlich-plattes Gelaber hätte ich ihnen gar nicht zugetraut. Aber schön, wie sie sich hier mal wieder outen als der aalglatte "Fortschritts" typ. Fazit: Mit dieser SPD kann in diesem Land wirklich nichts anders werden.

  • R
    reblek

    Dass mit der SPD eine zukunftsorientierte soziale und ökologische Politik nicht zu machen ist, ist seit der Regierung Schröderfischer bekannt. Deshalb haben die sogenannten Grünen vielfach das Gegenteil dessen akzeptiert und mitgemacht, was sie - damals noch - programmatisch formuliert hatten. Wer sich einbildet, dies werde sich - mit einer/m sogenannten Grünen als Ministerpräsident(in) - ändern, unterschätzt die Dauerhaftigkeit der Wende dieser Partei hin zu dem, was alle anderen auch wollen und weg davon, radikale Änderungen dort vorzuschlagen, wo ohne diese eine Politik mit Zukunftschancen nicht gemacht werden kann.

  • J
    Jan

    Na, wenn die Mehrheitsverhältnisse das tatsächlich hergeben sollten, dass die Grünen die Partei der Mehrheit sind, dann können sie auch die Angelegenheiten der Mehrheit entscheiden.

    Ob das dann Sigmar Gabriel in den Kram passt oder nicht, dürfte dann ja wohl keinen mehr interessieren.

    Also lasst ihn doch labern und gebt ihm was zum Spielen.

  • S
    siggi

    Da hat Gabriel wirklich mal recht!

     

    Aber liebe TAZler, keine Sorge, es bleibt entweder Schwarz-Gelb in BW oder es kommt die große Koalition. S21 wird gebaut und das ist sehr sehr gut so ;-)

  • BB
    Bernd Baron

    Es ist zum piepen!

     

    Alles das war schon mal da und alle Welt wunderte sich Jahre später, wie das passieren konnte?

    Auch damals hatten in einer wirtschaftlich - richtig - schwierigen Zeit, der überwiegende Teil der Bevölkerung von den Korinthenkackereien der politischen Klasse die Schnau... abschließend voll und liefen dem hinterher, der "das Schiff" dann richtig versenkte!

     

    Unter den derzeitigen Umständen solche Töne von sich zu geben und an der eigenen Glaubwürdigkeit selber noch schwer arbeiten zu müssen, macht die Entscheidung für mich bei der nächsten Wahl nicht leichter!!

    Schönen Dank Herr Gabriel!

  • T
    theredagent

    Arbeit, arbeit über alles,....

     

    Auch wenn man "zukunft und wohlstand" nur auf kosten anderer hinbekommt. Es ist wohl wahr das die grünen "fortschrittsfeindlich" sind, wenn man damit eine "nur weiter so" entwicklung meint! Aber so gut wie allen leuten sollte klar sein das wir unsere gesellschaft ändern müssen und dann auch mal auf ein bischen "wohlstand" verzichten müssen!

     

    Es sollte mal die gesammte Parteispitze von den grünen ausgewechselt werden, dann wären die vielleicht wieder ok. Kann einfach diesen Personen kult nicht ab. Das immer die gleichen gesichter eine Partei representieren müssen.

  • S
    SeeheimerStrich

    Ach ja, die sPD.

  • G
    gunT19

    Mensch Gabriel alter Genosse! Stellst Du dich jetzt auf die selbe Stufe wie die FDP? Koalitionsverweigerer? Den Fortschritt hast und bekommst Du nur mit den Grünen auf`s Gleis. Mit den anderen nur nen Castor.

  • A
    Andreas

    Leute, der Siggi will doch nur die eigene Basis beruhigen. Was soll er denen denn groß Anderes sagen?

     

    Dass die Grünen, sobald sie denn mal dran sind, sich von der SPD nicht so wahnsinnig unterscheiden, weiss auch der Siggi. Für so doof dürft ihr den nun wirklich nicht halten.

     

    Ich glaube es macht kaum einen Unterschied ob eine Koalition Rot-Grün oder Grün-Rot ist. Vielleicht wird der Wähler – dies wohl wissend – ins Zukunft sein Kreuzchen dort machen, wo ihm der Kanidat besser gefällt.

     

    Die Grünen als Abspaltung der SPD, nun wieder vereint. D.h. Rot-Grün stellt ab jetzt gleich zwei Kandidaten zu Wahl und der Wähler darf mitenscheiden wer es denn letztlich sein soll. Ich finde das echt gut. Mal ne Option mehr für mich.

  • J
    jan

    Na los, tapfere Schwaben, macht es wahr: Große Kehrwoche bei der Wahl, SPD und CDU raus aus dem Landtag. Sollten sich dann die Grünen - wie erwartet - als genauso korrupt und neoliberal erweisen, wäre der Schritt zur direkten Demokratie beinahe geschafft.

  • H
    Hubert

    Gariel "ohne mich"

    Lieber Herr Gabriel, haben sie sich denn schon mal gefragt, ob der Wähler eigentlichen einen Herrn Gabriel will?

    Wir wollen keine Politiker in der Regierung sehen, die mit den Herrn Schröder und Fischer die arbeinehmerfeindlichen Gesetze durchs Parlament geschleust hatten.

    Solange sich diese Leute nicht zu ihren widenwärtigen Gesetzen bekennen und sich aus den Parlamenten verabschieden werden wir auch keine rot/grüne Regierung mehr wählen.

  • F
    Fireworker

    realitätsverweigerer gabriel! unglaublich. also, ich geb dir jetzt noch mal matheunterricht!!

    20% ist weiter weg von 100%, als 25 % von 100%!!

    dafür ist 20% näher an der 5% prozenthürde!!

    auf die steuerst du langsam zu!

  • U
    Urgestein

    Naja, als Mitglied der Leitung des ebenso erzkonservativ-verstockten wie wirtschaftskriecherischen "Seeheimer Kreises", der sich mit Händen und Füssen gegen eine Annäherung der SPD an die Linke wehrt, das asoziale Vermächtnis von Clement, Schröder und Müntefering bewahren will und dessen Heckenschützen federführend an Ypsilantis Abschuss in Hessen beteiligt waren, wäre ich mal hübsch vorsichtig mit der Zuschreibung "fortschrittsfeindlich".

     

    Gabriel, einst als marxistischer Überflieger der sozialistischen Arbeiterjugend gestartet, droht als Papiertiger in der Tradition von Schmidt und Schröder zum Bettvorleger von "Mutti" Angela und ihrem industriell-militantem Klüngel zu werden.

     

    Geh, Siggi-Pop, leg halt noch'n paar Scheiben auf und überlass die Strategiebildung mal lieber 'n paar Leuten, die davon auch was verstehen...

  • BG
    Bernd Goldammer

    Mit den Grünen ist es wie mit unreifen Pflaumen.Je nach Verfassung veträgt man zwischen drei und fünf Prozent. Mehr führt zur gleichen Verrat Haltung wie ihn die SPD in ihrer Geschichte ständig praktiziert. Ich erinnere an das Saarland, an Hamburg und an die vielen grünen Blutfinger, wenn es im Deutschen Bundestag um Jugoslawien und Afghanistan ging. Eine solche Partei besteht geradezu aus Unglaubwürdigkeit und wird sich nach den Wahlen nach allen Seiten hin prostituieren. Außerdem stellen die gegenwärtigen Umfagen nur die Wünsche deutscher und internationaler Medienbesitzer dar.

  • W
    Wolfghar

    Die Grünen haben bewiesen das sie genauso regierungsfähig sind wie die SPD.

    Hartz4 Börsenumsatzsteuerabschaffung, Braunkohlekraftwerke in Hamburg.

     

    Also die Grünen sind ganz anders als die andern Etablierten. Die zeigen auch mal das mit ihnen der grösste Sozialabbau in der Geschichte der BRD machbar ist.

    Warum sollten denn DIE nicht mal Regieren.

    Das würde einen riesigen Unterschied machen.

    *Ironie aus*

     

    Es ist piepegal wer von der neoliberalen Einheitsfraktion SPDGRÜNECDUFDP gerade am Ruder ist.

    Politik macht sowieso jemand anderes.

  • JK
    Juergen K

    Gabriel kann ja aus der SPD austreten.

    Oder aus dem Bundestag.

  • N
    Namo

    Nun, für diesen Kommentar gibt es gleich ein Stimmchen weniger für de SPD. Manche wollen einfach auch nicht gewinnen ;-)

  • L
    Leverkusener

    Das Gelaber der SPD geht mir so langsam gewaltig auf die nerven. Bin bisher immer Wähler dieser Partei gewesen, welche ja immer als die des "kleinen Mannes" galt, aber in letzter Zeit kann ich mein Kreuz eher bei den Grünen oder bei den Linken sehen. Gabriel und seine SPD merkt einfach nicht, dass Ihnen die Wähler weg laufen.

  • EZ
    Erik Zimmermann

    Hier hat einer von absoluten Mehrheiten geträumt. Mit wem will er denn koalieren, wenn Grüne und Linke endgültig vergrätzt sind? Oder will er die große Koalition?

     

    "Regierung nur unter meiner Führung" war der suboptimale Spruch, mit dem Schröder besoffen seine großkoalitionäre Kanzlerschaft versenkte.

     

    Gabriel hat daraus nichts gelernt und macht den selben Fehler noch mal. Ist in sofern gut, als daß so die SPD, verräterisch seit den Kriegskredieten vor fast 100 Jahren, sich so etwas schneller ihrer verdienten Größe von irgendwas um die 10% annähern wird. (Für immer in den Keller mit dieser Partei, die ihre Klientel und ihre Wähler regelmäßig belügt und für ein paar Aufsichtsratsplätze verkauft...)

     

    Und Gabriel... Naja, überlassen wir Schweinesiggi den Sozialdemokraten. In der Entsorgung ungeschickter Vorsitzender sind die ja nun doch schon recht geübt.

  • R
    Raphael

    Schwarz-gelb säuft so langsam in den Umfragen ab, Meister Gabriel taucht auf für den Fangschuß und trifft den alten Dampfer SPD. Der macht ja seinen Vorgängern richtig Konkurrenz, was das Verharren in der Unwählbarkeit angeht.

     

    Besser kann es kein eingeschleuster CDU_Saboteur machen - Chapeau!

  • T
    Tilman

    Die Spd und besonders Herr Gabriel können sich natürlich wie ein HB-Männchen aufblasen, allerdings nützt ihnen das reichlich wenig. Die Grünen werden in den nächsten Jahren mit der Spd gleich ziehen, bzw. diese überholen und das mit gutem Grund. Was mich allerdings sehr enttäuschen würde, wär eine Situation in der die Grünen trotz großer Mehrheit am Ende doch im "Ministerialamtskampf" klein beigeben würden, aufgrund undurchschaubarer Politik-Ränkelspielchen.

  • M
    max

    Gabriel sagt: "Wir sind geiler als ihr und deswegen müssen wir die Regierung führen unabhängig vom Wählerwillen." Das hat die SPD der Linken ja auch schon gesagt. Klingt weder demokratisch noch realistisch sondern bockig für mich. "Ich spiel nur mit, wenn ich der Bestimmer sein darf!"