■ CHIPS & TIPS: SONNTAG
GESCHICHTE DER DDR
Wer in den letzten Tagen noch nicht genug Einheitsbrei aus der Satellitenschüssel gelöffelt hat, kann sich heute noch einmal einen Nachschlag holen, wenn im vierten Teil dieser Sendereihe die Ära Honecker dokumentiert, subsumiert und abgeha(r)kt wird. Egon Krenz und Karl- Eduard von Schnitzler sind dabei, Bahro, Bohley, Biermann babbeln mit, und die Puhdys machen Musik. Deren Bandname übrigens leitet sich nach Meinung führender Spottdrosseln ab von der verbalen Reaktion des früheren DDR-Publikums: „Puh, die schon wieder...“
(Nord 3, 21.15 Uhr)
LIEBE UND ANARCHIE
Der tumbe Tunin, ein törichter Bauernjunge, fährt nach Rom, um den Diktator Mussolini zu ermorden, weil er es einem im Widerstand engagierten Freund versprochen hat, der von den Faschisten umgebracht wurde. Ein Bordell ist Anlaufpunkt der Konspirateure. Hier lernt der unerfahrende Tunin erst einmal die Liebe kennen — und verschläft prompt den geplanten Akt der Befreiung, der Anarchie. Die italienische Regisseurin Lina Wertmüller ist ihrem traurigen Helden — dargestellt von ihrem langjährigen Lieblingsschauspieler Giancarlo Giannini — zwar sehr zugetan, läßt ihn aber dennoch ungut enden. Wenn sie hohles, großsprecherisches Revolutionspathos und gedankenlosen Aktionismus aufs Korn nimmt, so zielt sie damit keineswegs allein auf den Widerstand gegen den italienischen Faschismus. Der Film, der erst 1985 in deutsche Kinos kam, wurde bereits 1973 gedreht und spiegelt den damaligen Stand der Dinge.
(Bayern 3, 22.25 Uhr)
RATTENNEST
Robert Aldrichs 1955 entstandener Thriller nach einem Krimi des Blut- und Hodenromanciers Mickey Spillane ist ein Klassiker des Genres und wird noch immer gern zitiert (vgl. beispielsweise Repo Man von Alex Cox). Ralph Meeker bekommt es als Mike Hammer mit Gangstern und Agenten zu tun, die hinter einer geheimnisvollen Kiste her sind. Deren Inhalt leuchtet, zischt und bruzzelt, und als eine der Beteiligten den Behälter öffnet, brennt (nicht nur) die Luft. Die unterkühlte, unwirkliche Stimmung des Films kann verstanden werden als Ausdruck der von Unbehagen bis Furcht reichenden Gefühle, die sich mit der Existenz der Atombombe und der Erprobung neuer „Wunderwaffen“ verbanden. Die noch heute spürbare eindringliche Wirkung basiert dabei weniger auf wissenschaftlicher Genauigkeit als auf der von Aldrich hervorragend in Bilder gefaßten Atmosphäre der ständigen Bedrohung durch geheimnisvolle, sinnlich und verstandesmäßig nur unzureichend erfaßbaren Kräfte. Schwärzer war wohl kein anderer Film der sogenannten Schwarzen Serie.(1plus, 22.45 Uhr)
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