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Archiv-Artikel

SOMALIAS PRÄSIDENT BITTET AFRIKANISCHE UNION UM EINGREIFTRUPPEN Mit Krieg ist kein Staat zu machen

Es gibt Schlimmeres für ein Land, als dreizehn Jahre lang ohne Zentralstaat auszukommen. Somalia verlor seine letzte Zentralregierung 1991 in den Flammen eines Bürgerkrieges. Vor zwei Wochen wurde der somalische Warlord Abdullahi Yusuf von einer Politikerversammlung im Nachbarland Kenia zum neuen Präsidenten Somalias bestimmt. Nun bittet er, immer noch in Kenia, die Afrikanische Union um die Entsendung von 20.000 Soldaten in sein Land.

Das ist eine gewagte Forderung. Die letzte internationale Eingreiftruppe in Somalia, geführt von den USA, brachte vor zwölf Jahren nur neues Elend. Heute ist die Ausgangslage außerdem eine andere: Fast nirgends in Somalia herrscht noch Krieg. Die Abwesenheit von Staatlichkeit hat zur Privatisierung sämtlicher staatlicher Kompetenzen bis hin zur Staatsgewalt geführt, und die wird von verschiedenen Führern in ihren jeweiligen Hochburgen unterschiedlich ausgeübt. Nicht alle von ihnen sind mit dem neuen Präsidenten einverstanden, und keiner wird freiwillig Macht abgeben.

Wieso auch? Erst mit dem Zerfall des somalischen Staates konnte in Somalia überhaupt eine funktionierende Wirtschaft aufblühen. Informelle ökonomische Strukturen haben sich seither ihre eigenen Regulierungsmechanismen geschaffen, die besser funktionieren als in vielen regierten Ländern der Welt. Und der einzige Teil Somalias mit einem Staat – die Republik Somaliland, die sich vor zehn Jahren unabhängig erklärte – will mit Präsident Yusuf sowieso nichts zu tun haben.

Wenn aus der Berufung dieses Präsidenten eine neue somalische Staatsgründung erwachsen soll, dann muss deren Notwendigkeit erst noch bewiesen werden. Die Bitte um fremde Truppen ist da das falsche Signal.

Zentral ist vielmehr die Frage, unter welchen Bedingungen die bestehende politische und ökonomische Macht, die in Somalia seit 1991 auf der Straße liegt, von ihren privaten Inhabern an eine Regierung übertragen werden kann. Dafür gibt es auf der Welt kaum Beispiele – und erst recht keine militärische Lösung. DOMINIC JOHNSON