SIEG DER RECHTSALLIANZ BEI DEN REGIONALWAHLEN IN ITALIEN: Linke Episode
Von einem Sieg seiner Mitte-Links-Koalition gleich in 11 der 15 zur Wahl stehenden Regionen träumte Ministerpräsident D’Alema, von einem eindeutigen Votum, das ihm gegen die Rechtsopposition genauso wie gegen die koalitionsinternen Kritiker Luft verschaffen sollte. Eindeutig war das sonntägliche Votum in der Tat; allerdings gegen D’Alema.
D’Alema steht heute vor den Scherben seiner Politik. Angetreten war er 1996 als Architekt des Mitte-Links-Bündnisses um Romano Prodi, 1998 als Ministerpräsident des Landes. Und er hatte sich vorgenommen, den Frontmann der Rechten, Silvio Berlusconi, mit einer vorsichtigen Dialogstrategie zu zähmen und ihm zugleich mit einer auf linke Anklänge verzichtenden Wirtschaftspolitik die konservative Wählerschaft streitig zu machen. Erreicht hat D’Alema das Gegenteil: Die linke Dialogstrategie wurde zum Reanimationsprogramm für den nach der Wahlniederlage 1996 schwer angeschlagenen Berlusconi, das Werben um die rechten Wähler erwies sich als fruchtlos. Die strömten am Sonntag in Scharen zu Berlusconi, unbeeindruckt von den noch anhängigen Korruptionsprozessen gegen den Oppositionsführer, von Berlusconis demokratisch anrüchiger Rolle als politisch aktiver TV-Magnat, von seinem Bündnis mit den Haider-Sympathisanten der Lega Nord.
Wundern muss sich D’Alema über dieses Votum nicht, hat er doch dem Volk Berlusconi als respektablen Oppositionsführer verkauft, auf die gesetzliche Einengung des rechten Medienimperiums verzichtet, die Lega Nord als Partner hofiert und einer Koalition präsidiert, unter der die Linkswende von 1996 zu Dauerkrach und Postenschacher verkam. Nach den Regionalwahlen vom Sonntag hat die Rechtsallianz beste Aussichten, im nächsten Jahr auch wieder die Macht in Rom zu übernehmen. Und D’Alema muss fürchten, schon jetzt von seinen Koalitionspartnern zum Rücktritt genötigt zu werden. Vor vier Jahren träumte der Ministerpräsident sich selbst in die Rolle des Architekten einer neuen Epoche, eines linken Italiens. Er hat es sich selbst zuzuschreiben, wenn die Epoche sich als pure Episode entpuppen sollte. MICHAEL BRAUN
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