SCHWEDEN-WAHL: AUFATMEN IN BERLIN UND BRÜSSEL: Elchtest für den Euro naht
Zehn sozialdemokratische Regierungschef lächelten beim traditionellen Gruppenfoto anlässlich des EU-Gipfels in Helsinki im Dezember 1999 in die Kameras. Europa war sozialdemokratisch wie nie zuvor. Und wie seither nicht mehr. Zehn kleine Sozialdemokraten – jetzt sind es immerhin noch fünf und nicht mehr nur vier. Der Trend ist durchbrochen: Schwedens Göran Persson hat es im Endspurt dann doch geschafft. Und das auch noch mit deutlichem Plusvorzeichen. Der deutsche Bundeskanzler wird es sicher als gutes Omen dafür verstehen, dass sein Schlussspurt jetzt vielleicht reichen könnte. Und auch in Brüssel können die Beamten und Politiker aufatmen. Persson hat die EU-skeptischen SchwedInnen bestens im Griff.
Weiter mit Schwedens Sozialdemokraten bedeutet nämlich mit einiger Sicherheit auch, dass die Eurozone bald wächst. Im nächsten Jahr soll eine Volksabstimmung zur Einführung des Euro stattfinden. Die Euroskepsis sitzt in Schweden links: Nehmen die Sozis die Sache in die Hand, ziehen die Gewerkschaften mit, und alles andere als ein Ja wäre dann eine Sensation. Ein konservativer Ministerpräsident am Steuer, und ein Euro-Nein wäre sicher gewesen. Die Linke würde schon aus Prinzip gegen die Regierung stimmen.
Ein Wahlsieg der Opposition hätte Unsicherheit bedeutet, nicht nur hinsichtlich des Euro. Schwedens liberale und konservative Opposition konnte zuletzt Anfang der Neunzigerjahre beweisen, dass sie nicht haushalten kann und ein riesiges Defizit produziert. Erneut hätten unfinanzierte Steuersenkungen die Schweden unter konservativ-liberaler Führung in ein neues Wirtschaftstal geführt.
In den Vorstandsetagen der meisten schwedischen Konzerne dürfte Erleichterung herrschen; die Manager wissen, was man an der Partei hat, die Schweden seit sechs Jahrzehnten prägt. Die Ideologie mag zwar nicht stimmen, aber bessere Interessenvertreter als die Sozis kann das schwedische Kapital schwerlich finden. Das Gros der ArbeitnehmerInnen, zumindest in den vergangenen vier Jahren, übrigens auch nicht. Perssons Wahlsieg war daher nur logisch. REINHARD WOLFF
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