SCHULE: "Notfallplan" Bildung gekürzt
Die Bildungsbehörde hat genaue Planungsverfahren, ein Risiko bleibt der Faktor Mensch. Nun ist ein wichtiger Teil des "Notfallplans" vom Juli außer Kraft gesetzt.
In der Theorie hat die Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) alles im Griff. Die Planungsprozesse sind auf den Folien, mit denen sie am gestrigen Dienstag den Parlamentariern der Deputation die Arbeitsabläufe ihrer Behörde vorgestellt hat, ordentlich gegliedert. Dass das alles nicht geklappt hat in den Wochen vor den Sommerferien, das war ein "Notfall", sagte sie, auf den sie mit einem "Notfallplan" habe reagieren müssen.
Auf einer Folie war auch identifiziert worden, warum es zu Notfällen kommen kann: Es gibt "Risikofaktoren". Einer der "Risikofaktoren" des Planungsprozesses ist die Wahlfreiheit - von Oberschülern oder auch von Eltern, ob sie für ihre Kinder "Inklusion" wollen oder nicht.
Um es vorwegzunehmen: Den größeren Teil ihrer Kürzungspläne vom Juli hat die Senatorin inzwischen wieder zurückgenommen. Von Schulleitern müsse man eben erwarten können, dass sie in der ersten Woche mit ihren Stundenplan-Arbeiten anfangen und diese in der letzten Woche beenden - Veränderungen der Planungsvorgaben also laufend einarbeiten, meinte die Senatorin dazu.
Es sei besser, erst zu kommunizieren und am Ende Pläne zu veröffentlichen, gab ihr der SPD-Bildungspolitiker Mustafa Güngör zu bedenken. In Wirklichkeit haben heftige Proteste der senatorischen Behörde deutlich gemacht, dass es so nicht geht. "Sonderbedarfe" für Fremdsprachen sollten zum Beispiel gekürzt werden. Wenn aber eine Schülergruppe einen Abitur-Kurs für Latein oder Türkisch begonnen hat und vier von zwölf SchülerInnen abbrechen, würde eine Streichung der Lehrerstunden bedeuten, dass die anderen acht kein Abitur in ihrem Fach machen können. Überhaupt verlassen bis zu 20 Prozent der SchülerInnen in der Oberstufe die Schule und nehmen eine Berufsausbildung auf. Normalerweise kann man Leistungskurse aber auch dann nicht streichen, wenn statt 30 nur noch 24 SchülerInnen darin sitzen. Der Leiter der Gesamtschule Ost, dessen Musik-Kollegen mit viel Engagement eine viel gelobte Kooperation mit der Kammerphilharmonie an seiner Schule aufgebaut haben, erfuhr zwei Tage vor den Ferien, dass die Lehrerstunden dafür gestrichen sind. Gestern erfuhr er in öffentlicher Deputationssitzung, dass die Stunden jetzt doch nicht gestrichen sind.
In Obervieland gibt es ein Projekt, um bedürftige Jugendliche "an Bildungsmotivation heranzuführen". Im Juli wurde das Projekt gestrichen. Das Projekt wird aber mit erheblichen EU-Mitteln gefördert. So wurde die Streichung gestrichen.
Im vergangenen Jahr wurde viel öffentlich darüber geklagt, dass die Bildungsbehörde den Referendaren zu spät Zusagen gibt und dass diese von anderen Bundesländern abgeworben werden könnten. Die Streichpläne vom Juli bedeuten für viele ausgebildete Referendare, dass sie sich gleich auf Stellen außerhalb von Bremen bewerben können - selbst wenn "ihr" Schulleiter sie behalten wollte.
Der SPD-Bildungspolitiker Güngör listete gestern auf, was aus der Streich-Liste der Senatorin alles mit der SPD-Fraktion "nicht zu machen" sein wird, auch nicht nach einer erneuten Prüf-Phase bis Februar 2012. Die Oppositionspolitikerin Kristina Vogt von der Linken stellte die pauschale Personalkürzungsquote von 1,2 Prozent infrage, die die rot-grüne Koalition vereinbart hatte und beantragte, dass die im Juni verkündeten Kürzungen nicht nur teilweise, sondern komplett zurückgenommen werden sollen.
Uneingeschränktes Lob erfuhr die SPD-Bildungssenatorin eigentlich nur von der bildungspolitischen Sprecherin der Grünen, Sülmez Dogan.
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