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Russlands OppositionDie Zeichen stehen auf Gewalt

Demonstrieren für die Versammlungsfreiheit. Am Samstag möchte die russische Opposition wieder auf die Straßen gehen – auch ohne amtliche Genehmigung.

Jeden 31. eines Monats geht die Opposition auf die Straße. Bild: dpa

Wenn am Samstag pünktlich um 18 Uhr wieder mehrere hundert Oppositionelle in Richtung des Moskauer Triumphplatzes marschieren, dürften sie dort bereits erwartet werden: von einer mit Schlagstöcken und Handschellen ausgerüsteten Miliz. Wie an jedem 31. eines Monats wird Russlands Opposition gegen die Aushöhlung des Demonstrationsrechts demonstrieren und die Einhaltung von Artikel 31 der russischen Verfassung fordern, der die Demonstrationsfreiheit schützt. Auch in anderen Städten, wie St. Petersburg und Wladiwostok, sind Demonstrationen für Artikel 31 angekündigt.

Zunächst schien es, als würde sich ein Teil der Initiatoren für die Aktion am Samstag mit den Behörden einigen und zum ersten Mal seit Beginn dieser Demonstrationen am 31. Juli 2009 eine amtliche Genehmigung erhalten. Damit wäre zumindest das Risiko von Gewaltanwendung gegen die Demonstranten geringer gewesen. Zuvor hatten die Moskauer Behörden liberalen Vertretern der Opposition ein interessantes Angebot gemacht, wie das Internetportal kasparov.ru berichtete: Man werde die Demonstration am 31. Juli erstmalig in Moskau erlauben, wenn sich die Namen von Eduard Limonow, dem langjährigen Führer der National-Bolschewistischen Partei und derzeitigen Chef der Parteineugründung "Anderes Russland", und Konstantin Kosjakin von der "Linken Front", nicht auf der Liste der Anmelder der Demonstration fänden.

Zunächst sah es auch so aus, als würde ein Teil der Opposition sich auf dieses "Kompromissangebot" einlassen. Man könnte doch zwei Anmeldungen einreichen, erklärten Ludmilla Alexejewa, die Leiterin der Moskauer Helsinki-Gruppe, und Sergei Kowaljow, Vorsitzender der russischen Sektion der Gesellschaft "Memorial" und in den 90er Jahren langjähriger Menschenrechtsbeauftragter von Präsident Jelzin, in einer gemeinsamen Erklärung. Eine Anmeldung solle von Limonow und Kosjakin mit unterzeichnet sein, auf der anderen Anmeldung sollten diese beiden Namen fehlen.

Die Demo

Seit dem 31. Juli 2009 demonstriert die russische Opposition am 31. jedes Monats für Artikel 31 der Verfassung, der die Meinungs- und Versammlungsfreiheit garantiert. Ausgegangen war die Idee von Eduard Limonow. Der langjährige Führer der verbotenen "National-Bolschewistischen Partei" ist gerade bei Dissidenten, die in der UdSSR inhaftiert waren, kein beliebter Bündnispartner. Das Parteisymbol der "Nationalbolschewisten" erinnert an die Naziflagge. Bei der letzten Demonstration am 31. Mai in Moskau war mit knapp 2.000 ein neuer Teilnehmerrekord erreicht worden. 150 Personen wurden vorübergehend festgenommen. (cla)

Doch die Mehrheit der Mitstreiter von Alexejewa und Kowaljow in dem Aktionsbündnis "Strategie 31" witterten in dem Angebot ein "Teile und herrsche" der Präsidialadministration, mit dem die Opposition in gut und böse gespalten werden sollte. Auch Elena Bonner, die Witwe des Dissidenten Andrei Sacharow, äußerte ihr Befremden über diesen Plan. Man wolle Limonow gar nicht ausgrenzen, wehrte sich die 83-jährige Alexejewa, die Grande Dame der russischen Dissidenten. Schließlich sei es doch keine prinzipielle Frage, wer die Anmeldung unterschreibe.

Limonow und Kosjakin antworteten Alexejewa und Kowaljow umgehend: Man werde in Zukunft überhaupt keine Demonstration im Rahmen der "Strategie 31" mehr anmelden. Wer sich den Vorgaben der Regierung beuge, den betrachte man als "Streikbrecher".

Lange dauerte der Zwist nicht. Am Donnerstag teilten Alexejewa, Limonow und Kosjakin mit, dass man sich auf essenzielle Forderungen geeinigt habe, die die Behörden als Vorbedingung für Verhandlungen erfüllen müssten: Man sei zu Gesprächen bereit, wenn die Behörden zusichern, keine Gewalt gegen die Demonstranten anzuwenden, und zudem einen Verhandlungsführer benennen, der tatsächlicher entscheidungsbefugt sei.

Zumindest die erste Bedingung werden Moskaus Machthaber kaum nachkommen. Um keine Illusionen zu nähren, machte Russlands Vize-Innenminister Michail Suchodolski deutlich, dass jeder, der die öffentliche Ordnung verletze, mit einer Festnahme rechnen müsse. Das Innenministerium werde alles tun, um nicht genehmigte öffentliche Veranstaltungen zu unterbinden. Das gelte natürlich auch für das für den 31. Juli in Moskau geplante Meeting, so der Minister laut svobodanews.com.

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3 Kommentare

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  • R
    Richard

    Alles kein Problem in Russland, wenn man die Demo anmeldet. Aber so Leute wie Kasparow legen es ja auf Eskalation an, um im Westen ein schlechtes Bild über Russland zu erzeugen.

     

    http://www.youtube.com/watch?v=8qSHwjU2EGM

  • PB
    Peter Bitterli

    Der Adenauer-Staat, der De Gaulle-Staat und die USA zur Zeit von Bürgerrechtsbewegung und Anti-Vietnam-Protesten waren wesentlich intoleranter, repressiver und brutaler als das heutige Russland. Seinerzeit gab es Tote auf Strassen und Universitätsgeländen. Wo sind die Toten in Russland? Wo die verurteilten und inhaftierten Oppositionellen?

  • B
    Benz

    Die Sache ist die, dass die Nationalbolschewistische Partei zahlreiche Verbrechen begangen hatte (Abfackeln von Aemtern, Sachbeschädigungen, Ueberfaelle) und ein extremistisches Gedankengut vertritt ("Russland den Russen", Aufrufe zur Vernichtung von Rentnern, Aufrufe zum Krieg gegen die Nato). Deshalb wurde sie verboten.

     

    Wenn nun eine verbotene Partei eine Demonstration anmelden möchte,ist es logisch, dass sie nicht genehmigt wird. Das ist in DE nicht anders.

     

    Dass wissen auch die Oppositionellen. Sie könnten sehr einfach ihre Demos abhalten, wenn sie die Nationalbolschewisten rauswerfen würden. Aber das Verbot kommt gelegen, weil sie sich diese Oppositionellen gerne als vom Staat unterdrückt darstellen. Und ausserdem so viel mehr Aufmerksamkeit in westlichen Medien ("RU hat schon wieder eine Demo verboten!") bekommen.