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■ Rußland wendet sich von der marktorientierten Politik abZurück in die Zukunft

„Der Homo soveticus lebt“, schrieb 1996 ein russischer Publizist anläßlich des fünften Jahrestages des Zusammenbruchs der Sowjetunion . Nach den Ereignissen in Rußland der vergangenen Tage muß man hinzufügen: Der sowjetische Staat – in den Grenzen der Russischen Föderation – auch. Der derzeitige Moskauer Politzirkus mit der erneuten Berufung von Wiktor Tschernomyrdin zum Premierminister als Ausgangspunkt setzt nur die altbekannten Traditionen fort. In Rußlands Hauptstadt wird um Posten, Kompetenzen und Einflußnahme gefeilscht, was das Zeug hält. Wo Gesetze nicht passen, werden sie eben passend oder neu gemacht. Dabei dürfen sich die russischen Untertanen zumindest der Illusion hingeben, über wichtige Entscheidungen informiert zu werden.

Doch die fallen – auch daran hat sich nichts geändert – weiter hinter den Kulissen und werden erst dann bekanntgegeben, wenn alles bereits ausgemauschelt ist. Das gilt zuvörderst für Noch-Staatspräsident Boris Jelzin, dessen Rücktritt zwar vehement dementiert wird, faktisch aber bereits vollzogen ist. Daß ein vom Volk gewählter Staatschef damit schleichend entmachtet und gegen die geltende Verfassung, die per Volksentscheid angenommen wurde, verstoßen wird, ist da kaum noch der Erwähnung wert. Neu sind diese Verfahrensweisen alle nicht. Schließlich konnte Boris Jelzin auch 1993 das russische Parlament beschießen und ein Jahr später Truppen in der Kaukasusrepublik Tschetschenien einmarschieren lassen, ohne im Westen den Nimbus des demokratischen Reformers zu verlieren.

Dieser Ruf haftet Tschernomyrdin, zumindest im Moment bei den Zahlmeistern aus dem Westen, immer noch an. Und das, obwohl das dirigistische Anti- krisenprogramm für die Wirtschaft und die Abberufung des Reformers Anatoli Tschubais von seinem Posten als Sonderbotschafter beim Internationalen Währungsfonds keinen Zweifel am bevorstehenden Kurs eines „Zurück in die Zukunft“ aufkommen lassen können. Tschernomyrdin gerät zunehmend unter Druck, auf der einen Seite bemüht er sich krampfhaft, die Interessen der Kommunisten und der Finanzoligarchie auszubalancieren, auf der anderen Seite stehen ihm schwierige Verhandlungen mit den internationalen Finanzinstitutionen bevor. Sollte sich die russische Regierung von der marktorientierten Politik abwenden, bestünde für die USA ein Anlaß zur Sorge, sagte Clintons Sicherheitsberater drei Tage vor dessen Reise nach Moskau. Auf diesen Anlaß braucht Clinton nicht mehr zu warten. Barbara Oertel

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