Russland liberaler: Mehr Handlungsfreiheit für NGOs
Auf Initiative von Präsident Dmitri Medwedjew sollen restriktive Gesetze entschärft werden.
BERLIN tazDas umstrittene russische Gesetz über Nichtregierungsorganisationen soll liberalisiert werden. Dies berichtet der in Moskau erscheinende Kommersant. Am Freitag schlug eine von Präsident Dmitri Medwedjew gegründete Arbeitsgruppe Gesetzesänderungen vor, die den Kritikern des Gesetzes entgegenkommen. So sollen die Vorschriften für Registrierung und Rechenschaftspflicht vereinfacht werden. Medwedjew selbst hatte bei einem Treffen mit dem beim russischen Präsidenten angesiedelten Menschenrechtsrat im April über dringend notwendige Änderungen dieses Gesetzes gesprochen. Das Gesetz sei "nicht ideal", "gewisse Änderungen seien möglich und notwendig", zitiert der Kommersant den russischen Staatschef.
Das Gesetz habe, so Medwedjew, bei einem großen Teil der Beamten zu einer Haltung geführt, Nichtregierungsorganisationen als Feinde des Staates zu betrachten, die es zu bekämpfen gelte. "Echte Verbrecher lassen keine NGO registrieren" so Medwedjew laut Kommersant.ru.
Wladislaw Grib, Mitglied der Arbeitsgruppe, beklagt den hohen Verwaltungsaufwand, den jede Nichtregierungsorganisation zu leisten habe, um dem russischen NGO-Gesetz Genüge zu tun. Das derzeit gültige restriktive Gesetz über Nichtregierungsorganisationen war Ende 2005 in großer Eile von beiden Kammern des russischen Parlamentes mit einer überwältigenden Mehrheit verabschiedet und Anfang Januar 2006 vom damaligen Präsidenten Putin unterschrieben worden.
Es schränkt die Handlungsfreiheit von Nichtregierungsorganisationen durch hohe bürokratische Hürden bei der Registrierung und Rechenschaftspflicht erheblich ein. Durch viele unklare Formulierungen öffnet das Gesetz der Willkür der Behörden Tür und Tor. So kann eine Organisation verboten werden, wenn sie die "nationale Einheit und Ursprünglichkeit, das kulturelle Erbe und die nationalen Interessen verletzt". Zudem verbietet das Gesetz Aktivitäten von internationalen Nichtregierungsorganisationen in "geschlossenen Städten". Dies dürfte insbesondere Umweltschützer getroffen haben, die gegen den Transport von deutschem Atommüll in geschlossene Städte in Russland kämpfen.
Die Arbeitsgruppe wird ihre Änderungsvorschläge diese Woche Präsident Medwedjew vorlegen. Dieser werde Anfang Juni, so Ella Pamfilowa, Vorsitzende des Menschenrechtsrates, Anfang Juni eine Gesetzesänderung des NGO-Gesetzes in der Duma einbringen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Der Jahrestag der Ukraine-Invasion
Warum Russland verlieren wird
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Sieger des rassistischen Wahlkampfes
Rechte Parolen wirken – für die AfD
Alles zur Bundestagswahl
Oma gegen rechts hat Opa gegen links noch nicht gratuliert
Nach der Bundestagswahl
Jetzt kommt es auf den Kanzler an
Wahlniederlage von Olaf Scholz
Kein sozialdemokratisches Wunder