Russischer Umweltschützer eingewiesen: Nach Protest ab in die Psychiatrie
Der russische Umweltschützer Nikolai Koslow wird nach einer Aktion zur Rettung eines Parks in Moskauer Klinik zwangsbehandelt. Liberale Partei Jabloko spricht von Wiederkehr alter Praktiken
Der am vergangenen Freitag in Moskau festgenommene russische Umweltschützer Nikolai Koslow ist wieder frei. Sieben Stunden war er in der psychiatrischen Klinik Nr. 14 festgehalten und zwangsbehandelt worden. Am Morgen des Tages seiner Verhaftung hatte sich Koslow mit zehn weiteren Umweltschützern im Zarizyno-Park getroffen, um gegen die Abholzung von Bäumen in dem Naturschutz- und Naherholungsgebiet zu protestieren. Doch die Aktion dauerte nicht lange. Milizionäre griffen sich Koslow heraus und zerrten ihn in einen Wagen der Miliz.
Sofort nach seinem Abtransport in die Klinik bemühten sich Koslows Weggefährten und Unterstützer um seine Freilassung. Die liberale Partei Jabloko machte den Fall öffentlich. Sergei Mitrochin, Vorsitzender von Jabloko und Mitglied des Moskauer Stadtparlamentes, forderte die Behörden auf, Koslow sofort freizulassen. Große Sorgen, so Mitrochin, mache ihm, dass die Praxis wieder um sich greife, unliebsame Personen in der Psychiatrie mundtot zu machen. Gleichzeitig verurteilte Mitrochin das "ökologische Verbrechen", das durch das Abholzen großer Teile des Zarizyno-Schlossparks begangen werde. "Tausende gesunde Bäume sollen abgeholzt werden", so Mitrochin. "Menschen wie Nikolai Koslow verteidigen nicht nur Bäume und Pflanzen. Ihr Engagement kommt vor allem den Moskauern zugute, die im besonders schadstoffbelasteten Süden der Stadt leben."
In einem Gespräch mit der taz bestätigte Koslow, dass er in der Klinik mehrfach gegen seinen Willen Injektionen erhalten habe. "Ich habe mich von diesen sieben Stunden in der Psychiatrie noch nicht erholt", sagte er.
Die Schönheit des Parks Zarizyno wusste schon Katharina die Große zu schätzen, als sie sich 1775 entschied, das Landgut zu kaufen und es als Landsitz anzulegen. Heute ist der Park, in dem 23 seltene Tier- und Pflanzenarten beheimatet sind, ein beliebtes Ausflugsziel und eine "Sauerstofftankstelle" im Süden Moskaus.
Mit Investitionen in Millionenhöhe aus der Moskauer Stadtkasse seien einzigartige Flächen des Parkes und Naturschutzgebietes vernichtet worden, klagen russische Umweltschützer. Sie befürchten, dass der Schlosspark zu einem russischen Versailles umgebaut werden soll, in dem sich wohlhabende Mitbürger per Elektroauto auf asphaltierten Wegen durch die Parkanlagen bewegen. Tausende teils uralter Bäume würden diesen Plänen zum Opfer fallen.
Der Vorfall um Koslow ist nicht der einzige, der zeigt, mit welcher Härte die Moskauer Behörden auf Kritik von Umweltschützern reagieren. Regelmäßig protestieren die Bewohner der im Norden von Moskau gelegenen Vorstadt Chimki gegen die Abholzung großer Areale des Waldes von Chimki. Der geplanten neuen Autotrasse "Moskau-St. Petersburg" und einer Eisenbahnlinie zum Flughafen Scheremetjewo müssten wertvolle Wälder weichen. Bei Protesten im Juli war es zu Ausschreitungen gekommen. Die Umweltschützer vermuten, dass diese von Provokateuren ausgelöst worden sind.
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