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Russischer Käufer des SpielfilmsendersDas Vierte ist nur der Anfang

Dmitri Lesnewski heißt der neue Eigentümer des Spielfilmsenders Das Vierte. Der Russe gilt als kremlunabhängig - genau wie seine Mutter.

Der neue Eigentümer des deutschen Kleinstsenders Das Vierte passt in keins der gängigen Russenklischees. Dmitri Lesnewski ist weder einer jener superreichen russischen Magnaten, deren unbegrenzte Kohle europäische Unternehmen das Fürchten lehrt, noch gehört der Produzent zu den russischen Oligarchen, die durch Nähe zur Macht in den 90er-Jahren sagenhaften Reichtum und Einfluss erlangten und heute vor den Mächtigen stramm stehen. Lesnewski gilt als eher Kreml-unabhängig - und seine Frau Mama erst recht.

Profit ohne Aufwand

2005 hatte der US-Konzern NBC Universal Das Vierte anstelle seines Business-Programms CNBC und des Internet- und Gamekanals Giga TV auf Sendung geschickt. Der geschickt benannte Sender sollte das große NBC-Programmarchiv auswerten und so im deutschen Markt mit wenig Aufwand Kasse machen - ganz nach der Devise "Wir sind Hollywood". Doch der Kanal erreichte damit nur 1 Prozent Marktanteil. Schon im Spätsommer 2007 änderte NBC daher seine Strategie und stellte das Programm auf Ladenhüter um. Nun will sich NBC Universal Global Networks wieder ganz seinen Pay-TV-Kanälen wie 13th Street oder SciFi-Channel widmen - und verkaufte an den Mann, den keiner auf der Rechnung hatte.

Lesnewski ist ein leiser, unauffälliger Typ. In Russland kennt man ihn vor allem als Sohn seiner Mutter Irena Lesnewskaja, einer lebenden Legende des streitbaren Journalismus. 1997 gründeten die beiden zusammen den Privatsender Ren-TV. Er stand für anspruchsvolle Unterhaltung und berichtete auch dann noch kritisch und sauber, als andere Anstalten sich bereits Selbstzensur auferlegt hatten.

2005 verkaufte die Familie unter dem wachsenden Druck des Regimes ihre Anteile an die RTL-Gruppe. Lesnewskaja glaubte, durch den Verkauf an ausländische Aktionäre den Kreml auf Distanz halten zu können.

Doch der Kreml ließ sich vom westlichen Teilhaber nicht abschrecken, sah sich sogar eher in seinem Kalkül bestätigt. Denn die in RTL gesetzten Hoffnungen erfüllten sich nicht: Die Fernsehholding der Bertelsmann AG kuschte zum Erstaunen der russischen Journalisten vor den Auflagen der Kreml-Oberen. RTL wehrte sich nicht gegen die Eingriffe in die Redaktionspolitik und begründete die Zurückhaltung mit einem rein kommerziellen Interesse an dem Sender. - Die ohnehin schon geschwächte demokratische Öffentlichkeit empfand dies als offenen Verrat. Der Glaubwürdigkeit westlicher Demokratieforderungen an Russland fügte das Verhalten von RTL bleibenden Schaden zu.

Magazin mit Enthüllungen

Irena Lesnewskajas Sohn hielt sich mit regimekritischen Äußerungen eher zurück. Sein Metier ist das des Produzenten und Künstlers. Mit dem mehrfach ausgezeichneten Film "Die Rückkehr" (Woswraschtschenie) erlangte er 2003 auch international Anerkennung.

Irena Lesnewskaja gehört unterdessen bis heute zu den unnachgiebigsten Kritikern der Kremlherrschaft. "Ich kann nicht mehr atmen", sagte sie nach einem Treffen von Journalisten mit dem damaligen Präsidenten Wladimir Putin.

2007 gründete sie die Zeitschrift The New Times (TNT). Das politische Wochenmagazin versammelt die besten Köpfe des investigativen und analytischen Journalismus und bietet vielen eine Chance, die anderswo nicht mehr publizieren können. Es sei "ein Sauerstoffzelt" für alle, die noch frei atmen möchten, sagte Lesnewskaja, die das Projekt im Herbst 2006 aus der Taufe hob, an jenem Tag, als die kremlkritische Journalistin Anna Politkowskaja in Moskau ermordet wurde. Die TNT-Enthüllungsgeschichten über die Verbindungen zwischen Macht und Verbrechen hätten vor Putin noch für Aufruhr gesorgt. Heute greifen andere Medien sie kaum noch auf. Sie haben Angst.

Dmitri Lesnewski und sein Unternehmen Mini Movie International Channel (Sitz: Luxemburg, Tochtergesellschaften in Moskau, Paris und Beverly Hills) wollen mit dem Vierten auf dem deutschen Markt Fuß fassen. Der Kanal soll weiterhin Hollywoodfilme senden, will aber auch eigene Shows und TV-Serien produzieren. Wahre Leidenschaft hat Dmitri Lesnewski für den Kurzfilm entwickelt. Wie der Name andeutet, entspringt der Mini Movie International Channel dem Wunsch Lesnewskis, einen internationalen Sender für Kurzfilme zu lancieren.

In Luxemburg sitzt auch das Hauptquartier der RTL-Gruppe. Bislang ist es Spekulation, aber Lesnewskis Einstieg beim Vierten könnte ein später Versuch von Bertelsmann sein, einen Fehler wieder gutzumachen.

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