Russischer Angriff auf Schwarzmeerhafen: Odessa unter Beschuss
Die südukrainische Hafenstadt ist am Montag erneut Ziel von russischen Raketen und Drohnen geworden. Ein Getreidelager wurde beschädigt.
![Feuerwehrleute ziehlen mit einem Wasserstrahl auf ein zerstörtes Gebäude in der Nacht. Feuerwehrleute ziehlen mit einem Wasserstrahl auf ein zerstörtes Gebäude in der Nacht.](https://taz.de/picture/6543971/14/33680621-1.jpeg)
Laut ukrainischen Militärportalen haben russische Streitkräfte in der Nacht zu Montag mit Drohnen „Shahed-136/131“, Onyx-Überschallraketen und „Kaliber“ -Raketen angegriffen. Das ukrainische Militär konnte nicht alle Flugkörper abwehren. Zerstört wurde teilweise Hafeninfrastruktur, Getreidespeicher und Lagerräume einer privaten Firma. Etwa zehn Privathäuser am Stadtrand wurden teilweise oder vollständig zerstört. Durch die Scherben wurden mehrere Menschen verletzt – zwei Wächter des Lagerhauses wurden am Montagmittag tot aufgefunden.
Jeder, der früher Odessa als Ausflug- oder Urlaubsziel gewählt hat, kam am Hotel Odessa am riesigen Seehafen vorbei. In der Nacht zu Montag traf auch eine Rakete das mehrstöckige Hotelgebäude, das seit 2011 leer steht.
Der lokale Geschäftsmann Andrei Stavnitser hat das Gebäude vor ein paar Jahren gekauft und plante, dort eine moderne Promenade mit Konzertsaal, Anlegestelle für Kreuzfahrtschiffe, Radwegen, Restaurants und einer Straßenbahnstation zu bauen. „Millionen Dollar habe ich investiert, private Investoren gewinnen können und trotz des Krieges einen Deal mit den Behörden geschlossen“, beklagte sich Stavnitser am Montag. Das 82 Meter hohe Hotel brannte beim Nachtangriff komplett aus. Der Seehafen wurde teilweise zerstört.
Ukrainische Hafeninfrastruktur schon zu ein Drittel zerstört
Mehrere Schiffe an den Anlegestellen sowie ein 113 Meter langes Handelsschiff, das den Hafen verlassen wollte, wurden beschädigt. Zerstört wurde ebenfalls ein Getreidelager am Hafen mit einer Lagerkapazität von bis zu 40.000 Tonnen. Nach Angaben des ukrainischen Infrastrukturministers, Alexander Kubrakov, hat das russische Militär mehr als hundertmal ukrainische Häfen geschossen, seitdem Moskau Mitte Juli den Schwarzmeer-Getreide-Deal nicht verlängerte.
Nach Angaben des Ministeriums wurden fast drei Millionen Tonnen pro Monat weniger Getreide nach Asien, Afrika und Europa exportiert infolge der Angriffe und der Blockade von Seehäfen durch die russischen Streitkräfte. Etwa ein Drittel der ukrainischen Hafeninfrastruktur wurde durch russische Angriffe zerstört oder beschädigt. Dennoch funktioniert der zwischen der Ukraine, der UNO und der Türkei vereinbarte Getreide-Korridor auch ohne russische Beteiligung an dem Deal.
Die Druckwelle des Angriffs in der Nacht zu Montag hat auch Gebäude am Primorsky-Boulevard beschädigt, insbesondere die Fassade des berühmten „Londoner Hotels“ und der angrenzenden Häuser und auch das historische Gebäude des Kinder- und Jugendpalastes. Sie stehen unter dem Schutz der Unesco.
Bereits im Juli, als Odessa ebenfalls unter starken Beschuss geriet, wurden Kulturstätten angegriffen – unter anderem die Verklärungskathedrale. Unesco-Vertreter haben Moskau mehrfach aufgefordert, sich an die internationalen Richtlinien für geschützte Kulturstätten zu halten. Eine vorläufige Bewertungsliste von Schäden an Museen in Odessa, die zum Weltkulturerbe gehören, liegt vor und wird stets aktualisiert. Untersuchungen laufen, um Konsequenzen zu ziehen. Infolge des jüngsten Nachtangriffs hat das Büro der Staatsanwaltschaft in Odessa ein Strafverfahren wegen möglicher Kriegsverbrechen gegen Russland eröffnet.
Aus dem Russischen Gemma Terés Arilla
Die Autorin war Teilnehmerin eines Osteuropa-Workshops der taz Panter Stiftung
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