Russische Rockergruppe: Polen macht die Grenze dicht
Die russischen „Nachtwölfe“ bleiben auf ihrer geplanten Fahrt nach Berlin an Polens Grenze hängen. Das Land gewährt ihnen wie angedroht keine Durchfahrt.
TERESPOL ap | Polnische Grenzschützer haben zehn Motorradfahrer des russischen Rockerclubs „Nachtwölfe“ an der Einreise nach Polen gehindert. Sprecher Dariusz Sienicki gab das Vorgehen am Montag bekannt, nachdem sich Mitglieder der nationalistischen Gruppe der Grenze genähert und versucht hatten, in das EU-Land zu gelangen. Alexander Saldostanow, der Boss der „Nachtwölfe“, sagte aber, man werde trotz aller Hindernisse nach Berlin fahren.
Der Motorradclub hatte angekündigt, zum 70. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über Nazi-Deutschland durch Polen und andere Länder in die deutsche Hauptstadt zu fahren. Polnische Behörden hatten vergangene Woche aber mitgeteilt, die Biker nicht ins Land zu lassen. Ihre Anwesenheit in Polen würde als Provokation betrachtet, hieß es ohne weitere Begründung.
Auch in Deutschland seien sie nicht willkommen, ließ die Bundesregierung mitteilen. Ein Sprecher des Außenministeriums sagte, einige bereits ausgestellte Schengen-Visa für Führungsmitglieder der Gruppe seien annulliert worden, denn man glaube nicht, dass sie ein legitimes Ziel mit ihren Aktionen in Deutschland verfolgten.
Russland hingegen kritisierte das Vorgehen Polens scharf. Das Außenministerium in Moskau verlangte eine Erklärung, warum die Gruppe trotz gültiger Visa nicht habe einreisen dürfen.
Rocker wollen Motorradtour fortsetzen
Die Rockergruppe unterstützt die Annexion der vormals ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim durch Russland im März 2014 und soll auch auf der Seite der prorussischen Separatisten in der Ostukraine stehen. „Dies ist kein normaler Motorradclub, sie sind Werkzeuge in Händen von (Russlands Präsident) Wladimir Putin, um Propaganda zu machen“, sagte Tomasz Czuwara, Sprecher der polnischen Gruppe Open Dialog Foundation, die die Ukraine unterstützt.
Rund 20 Mitglieder der „Nachtwölfe“ hatten ungeachtet des Einreiseverbots am Samstag in Moskau ihre Motorradfahrt Richtung Berlin gestartet. 15 von ihnen näherten sich am Montag der Grenze zwischen dem weißrussischen Brest und dem polnischen Terespol.
Fünf hatten kein Visum und sagten, sie wollten sich von ihren Kollegen verabschieden. Die anderen zehn wurden von weißrussischen Beamten zunächst durchgelassen, dann aber von polnischen Beamten etwa drei Stunden in einem Hangar festgehalten und durchsucht, bevor sie anschließend nach Weißrussland zurückgeschickt wurden.
„Andere Leute, die nicht sagen werden, dass sie ,Nachtwölfe' sind, werden diese Strecke fahren und diese Mission erfüllen, die wir zum 70. Jahrestag des Großen Siegs geplant hatten“, sagte Rockerchef Saldostanow dem russischen TV-Sender LifeNews. Er zeigte sich überzeugt, trotz des Verbots wie geplant nach Berlin zu gelangen.
„Wir werden unser Ziel nicht aufgeben, den 9. Mai in Berlin zu feiern“, sagte auch der 44-jährige Geschäftsmann Witali Kusnetsow aus Moskau, der zu den abgewiesenen Rockern gehörte. „Unser Ziel bleibt Berlin.“ Polen hatte mehr als 250 Jahre lang unter russischer Kontrolle gestanden. Auch die historischen Ressentiments könnten eine Rolle dabei spielen, den Rockern die Durchfahrt zu verweigern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!