piwik no script img

RundfunkgebührenKopfprämien für GEZ-Fahnder

Der RBB bezahlt Provisionen in Millionenhöhe für seine Gebühreneintreiber. Parteien sprechen von Vertrauensverlust

Bild: AP

Post von der GEZ haben die meisten schon bekommen. Bei manchen hat auch der GEZ-Fahnder geklingelt und Zutritt zur Wohnung verlangt. Während Ersteres ein paar Cent Porto kostet, lässt sich der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) den oft ruppigen Auftritt der Gebühreneintreiber Millionen kosten. Dies geht aus der Antwort des Senats auf eine Anfrage der Abgeordneten Gabriele Hiller (Linke) hervor.

2,3 Millionen Euro gab der Sender 2006 für seine 72 so genannten Gebührenbeauftragten aus. Das sind im Schnitt 31.944 Euro pro Mitarbeiter. Im Jahr zuvor waren es sogar noch 2,94 Millionen. Mit diesem Eingeständnis ist der RBB nach dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) der zweite Sender, der dieses über Jahre hinweg gehütete Geheimnis lüftet. Anfang Januar war bekannt geworden, dass sich der MDR seine 136 freiberuflichen Gebühreneintreiber im Jahr 2006 4,23 Millionen Euro Provisionen kosten ließ.

In ihrer Antwort auf die Parlamentsanfrage gibt die Senatskanzlei auch Einblick in die Beschäftigungsverhältnisse der Fahnder: "Die Gebührenbeauftragten erhalten eine leistungsbezogene Provision für die Anmeldung bisher nicht gemeldeter Radio- und Fernsehgeräte. Es wird kein Fixum oder Basisentgelt bezahlt." Im Klartext: Nur wer Schwarzseher überführt, bekommt auch Geld vom Sender.

Für die Linken-Abgeordnete Hiller ist diese Kopfprämie eine Regelung, "die dem Missbrauch Tür und Tor öffnet". Ihrer Ansicht nach sollte mit der Privatisierung des Gebühreneinzugs Schluss gemacht werden. "Schließlich gibt es auch so etwas wie einen Beratungsauftrag", so Hiller. Ähnlich argumentieren die Grünen. Deren Medienexpertin Alice Ströver meint, das bisherige Verfahren "lohnt sich für den Eintreiber, aber nicht für die Rundfunkanstalt". Statt Gebührensicherheit zu schaffen, werde zudem Vertrauen in die öffentlich-rechtliche Rundfunkfinanzierung verspielt.

Der RBB wies die Forderungen am Mittwoch umgehend zurück. "Es hat bei uns im Hause mehrfach Schulungen der Gebührenbeauftragten gegeben", sagt Gerald Schermuck, beim Sender zuständig für die Rundfunkgebühren. "Dabei spielt auch die Beratung eine Rolle." Dass eine Kopfprämie diesem Anliegen entgegenstehen könnte, will Schermuck nicht gelten lassen.

Keine Auskunft gibt es beim RBB auch darüber, wie viel Geld der Sender durch seine Fahnder einnimmt. Eine Meldung des Spiegels, der zufolge der Sender 40 Prozent seiner zusätzlichen Einnahmen wieder an die "Gebührenbeauftragten" ausschütte, wollte Schermuck weder bestätigen noch dementieren.

Auch der Senat hat darüber offenbar keine Erkenntnisse. In der Antwort auf die Anfrage schreibt Senatskanzleichefin Barbara Kisseler: "Erhebungen hierzu werden vom RBB nicht angestellt, zumal die Gebührenbeauftragten eine selbstständige Tätigkeit ausüben und dem RBB gegenüber insoweit nicht zur Auskunft verpflichtet sind."

Wie gering das von den Grünen angemahnte Vertrauen in die GEZ inzwischen ist, zeigt sich nicht nur in den zahlreichen Internetforen und zuletzt auch einer Serie der FAZ, in der von den oft halblegalen Praktiken der Eintreiber die Rede ist. In Anspielung auf die von 2005 auf 2006 sinkenden Provisionsummen redet die Senatskanzlei auch von einer "sinkenden Bereitschaft in der Bevölkerung, sich anzumelden bzw. Rundfunkgebühren zu entrichten", sowie "schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen im Sendegebiet".

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

3 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • H
    hape

    Ich versteh das nicht. Sie schreiben, die Fahnder werden vom RBB beauftragt, ausgebildet und bezahlt. Trotzdem nennen Sie sie GEZ-Fahnder. Die GEZ nimmt nur die Anmeldungen entgegen und kümmert sich um den Geldeinzug. Indem Sie aber GEZ-Fahnder statt RBB-Fahnder schreiben unterstützen sie die öff.-r. Sender dabei, die GEZ als Blitzableiter zu gebrauchen. Der eigentliche Skandal ist doch, dass unsere vom Bundesverfassungsgericht behüteten Sender zu Drücker-Methoden greifen und das als Teil der öffentlichen Verwaltung, der sie in Gebührenfragen sind.

  • DP
    Daniel Platz

    @ Gebühren Zahler

     

    Das man durch diesen "JOB" nicht reich wird ist um so schlimmer, weil dadurch der Gebührenbeauftragte sich selbst dermaßen unter Druck setzen muss, dass unlautere bis illegale Mittel angewendet werden um Schwarzseher zu finden und (zwangs)-anzumelden. Nur so kann nämlich der Gebührenbeauftragte seinen Verdienst vermehren....

     

    Das ist so auch von der GEZ gewünscht. Je höher die Quote der Neuanmeldungen, desto mehr Geld gibt es. Schau ruhig mal auf meiner Seite gez-boykott [dot] de nach. Im Forum gibt es Dutzend Beispiele für die fiesen Methoden der Gebührenbeauftragten.

     

    Gruss

     

    Daniel

  • GZ
    Gebühren Zahler

    Die Gebühreneintreiber sind tatsächlich lästig, aber ein Skandal ist zumindest die Höhe der Provisionen nicht. 32.000 Euro Brutto (selbst zu versteuern) vor Abzug der Unkosten die nicht einfach komplett als Betriebskosten absetzbar sind, davon kann man normal leben - aber reich wird niemand der von diesem Vollzeitjob lebt.