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Rummenigge gegen HitzfeldDer Parteitagsredner

Auch auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern stichelt Vorstandsvorsitzender Rummenigge weiter gegen Trainer Hitzfeld.

Wollte sich zwar irgendwie mit Hitzfeld versöhnen, aber entschuldigte sich dann doch nicht: Karl-Heinz Rummenigge Bild: dpa

Eigentlich hatte Karl Hopfner einen dankbaren Auftrag: Rekorde verkünden. Hunderte von Millionen, tolle Prozentzuwächse - Hopfner, Finanzvorstand der FC Bayern München AG, warf mit den Kennzahlen des wirtschaftlichen Erfolgs um sich wie Kinder mit den Plastikbällen im Spielparadies eines Möbelhauses. 225,8 Millionen Euro Euro Umsatz im Geschäftsjahr 2006/2007, ein Plus von 10,3 Prozent. Daraus erzielten die Bayern einen Gewinn nach Steuern von 18,9 Millionen Euro. "Das ist - ich traue es mich kaum zu sagen - ein Plus von fast 300 Prozent", sagte Hopfner auf der Jahreshauptversammlung. Juchu. Allein, die 1.105 versammelten Mitglieder des FC Bayern ließen sich davon nicht aus ihren Sitzen reißen.

Was interessieren kalte Finanzzahlen, wenn die Seele der Bayern aus dem Gleichgewicht geraten ist? Alles sollte besser werden dieses Jahr, so gut wie nie zuvor. Doch nun ist die Mannschaft seit vier Spielen sieglos. Und Karl-Heinz Rummenigge, der für das Sportliche verantwortliche Vorstand der AG, hat zur Unzeit eine Trainerdebatte vom Zaun gebrochen.

Nun musste er sich vor dem Volk, das auf Trainers Seite steht, dafür verantworten. Rummenigge hatte sich eine Art Parteitagsrede vorgenommen. Unverzichtbar sind da ein paar Wir-gegen-den-Rest-Parolen. "Man sieht, dass die Bundesliga danach lechzt, dass der FC Bayern wieder zurückkehrt." In die Champions League. Tufftä. Und noch einer, Thema Saisonstart: "Beim 4:0 in Bremen zum Beispiel saß ich sehr entspannt auf der Tribüne, und die Fischköpfe wurden immer ruhiger." Ein bisschen Großkotzigkeit gehört dazu, reicht aber nicht.

Zu einer guten Parteitagsrede gehören auch programmatische Akzente. In diesem Fall natürlich zur Trainerfrage, die nur aufkam, weil Rummenigge nach dem 2:2 gegen die Bolton Wanderers Hitzfeld für seine Rotationspolitik abgegrätscht und dann, nach dem 1:3 in Stuttgart, gleich noch einmal draufgetreten hatte: "Zu einer Vertragsverlängerung gehören immer noch zwei." So beschädigt man einen Trainer, der vor kurzem noch als Kandidat für einen Vertrag auf Lebenszeit galt. Vielleicht fand Machtmensch Rummenigge, dass Hitzfeld zuletzt gar zu viel Sonne abbekam.

Nun gab Rummenigge zwar ein paar wachsweiche Parolen zum Besten ("unser Freund Ottmar Hitzfeld", "reiche dir symbolisch die Hand"). Doch er rückte nicht von seiner Kritik ab. Kein Wort der Entschuldigung war zu hören. Lieber schwadronierte der Westfale davon, er sei eben ein "Freund bayerischer Streitkultur". Wenn es so etwas überhaupt gibt, dann gehört dazu, nach einer Versöhnung, wie Rummenigge sie an diesem Abend inszenieren wollte, alte Sachen auf sich beruhen zu lassen.

Doch Rummenigge stichelte weiter: "In Sachen Taktik, Training und Aufstellung hat nur einer das Sagen - nämlich Ottmar Hitzfeld." Gefolgt von einem gefährlich missverständlichen Satz. "Ich halte es aber nicht für unklug, die Verantwortlichen im Vorfeld einzubeziehen." Sprich Uli Hoeneß und seine Person.

Das Thema Vertragsverlängerung mied Rummenigge in der Rede. Der programmatische Befreiungsschlag blieb aus. Erst nach der Versammlung ließ er sich ein dürres "Die Vertragsverhandlungen finden im Januar statt, keinen Tag früher" abringen.

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1 Kommentar

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  • MS
    Manfred Schmidt

    Uli Hoeness hat auf der JHV sein wahres Gesicht gezeigt gegenüber den einfachen Fans. Beim FC Bayern ist der Fan endgültig zum Kunden mutiert. Es geht nur noch um Profitmaximierung.

     

    Dabei ist Fan zu sein - zumindest für mich als Schalker Fan - immer noch eine Geisteshaltung, ein Lebensstil eine Überzeugung und mit sehr viel Emotionen und Leidenschaften verbunden. Und eben nicht nur eine Umsatzbasis!

     

    Traditionelle Anhänger und mündige Fans haben beim FC Bayern keinen Platz mehr. Nirgendwo sonst in Deutschland hat sich der Fußball von seinen Ursprüngen so weit entfernt wie beim FC Bayern. Man muss sich nur einmal an der Säbener Straße umsehen. Die hohen Zäune dort um die Trainingsplätze verhindern, dass die Anhänger den Fußball-Millionarios zu nahe kommen und die Klub-Zentrale sieht aus wie geleckt und erinnert an den Stammsitz einer Immobiliengesellschaft.

     

    Die Handvoll leidenschaftlicher Fans, die der FC Bayern neben den unzähligen Kunden noch hat, werden von der Vereinsführung behandelt wie Dreck am Ärmel. Wer diesem Klub wirklich emotional noch anhängt, wird - trotz all der sportlichen Erfolge - von mir nicht beneidet, sondern verdient mein Mitleid.