■ Rumänien: Premier Ciorbea präsentiert neues Kabinett: Gruppenbild ohne Dame
Es war eine schwere Geburt. Nach zähen Verhandlungen mit den Parteien, die in der neuen rumänischen Regierung vertreten sein sollten, waren nicht alle zufrieden. Als Premier Victor Ciorbea letzte Woche die Vertreter der politischen Parteien ins Bukarester Präsidentenpalais einlud, um den sogenannten „Solidaritätspakt mit der Regierung“ zu unterzeichnen, fehlten die Chefs der beiden ökologischen Parteien. Die Grünen waren nämlich unzufrieden, daß der Posten eines Umweltministers nicht einem von ihnen, sondern der Sozialdemokratischen Union (USD) zugesprochen wurde.
Obwohl auch andere im Rechtsbündnis Demokratischer Konvent vertretene Parteien gerne mit Ministerposten belohnt worden wären, hat sich die dominierende Christdemokratische Nationale Bauernpartei (PNT-CD) 7 der 28 Ministerposten zugeschanzt. Darunter die Schlüsselressorts. Für das neue Image- und Informationsministerium, das dafür sorgen soll, das ramponierte Bild von Rumänien im Ausland aufzubessern, verantwortet im neuen Kabinett die Nationalliberale Partei (PNL).
Trotz kleinlicher Eifersüchteleien, hartnäckiger Verhandlungen und unvorhergesehener Verzögerungen gelang es Staatspräsident Constantinescu und Premierminister Ciorbea, die ideologisch unterschiedlichen Regierungsmitglieder auf die gleiche Linie einzustimmen. Durch die (durchaus umstrittene) Präsenz der Ungarn im Kabinett signalisiert die neue Regierung, daß sie tatsächlich die rumänisch-ungarischen Spannungen abzubauen gewillt ist. Das neugegründete Staatssekretariat für Minderheitenfragen soll in Zukunft die Nationalitätenprobleme positiv lösen. Hinzu kommt, daß zum ersten Mal in der Geschichte Rumäniens ein Angehöriger der ungarischen Minderheit Minister wird. Wenn auch nur Tourismusminister.
Daß weder Constantinescu noch Ciorbea daran gedacht haben, einer Frau einen Ministersessel anzubieten, ist mehr als ein Schönheitsfehler. Der genügte aber nicht. Der neuen Mannschaft wird auch der in den letzten sieben Jahren immer wieder heftig kritisierte alte Geheimdienstdirektor Virgil Magureanu angehören. Obwohl er nicht direkt dem Kabinett angehört und nur dem Parlament und dem Präsidenten rechenschaftspflichtig ist, hat er nicht unerheblich zur Festigung des Iliescu-Regimes beigetragen. Ob er sich für die rumänische Gesellschaft tatsächlich als ein Stabilitätsfaktor erweisen wird, das darf bezweifelt werden. William Totok
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