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Rüstungskonzern wittert neues Geschäft

Rheinmetall möchte mit dem indischen Unternehmen Reliance Defence kooperieren. Aber der Konzern ist in Indien auf der Sperrliste. Er hat den Vorwürfen widersprochen

Munition auf einer Fachmesse in Nürnberg Foto: Dwi Anoraganingrum/imago

Aus Mumbai Natalie Mayroth

In Krisenzeiten florieren Rüstungskooperationen. Dafür steht eine neue Ankündigung: Die Rheinmetall AG plant eine Partnerschaft mit Reliance Defence Ltd., dem Unternehmen des indischen Industriellen Anil Ambani. Gemeinsam wollen sie laut Unternehmensangaben im Bundesstaat Maharashtra eine der größten Produktionsstätten Südasiens errichten. Dort sollen jährlich bis zu 200.000 Artilleriegranaten, 10.000 Tonnen Sprengstoff und 2.000 Tonnen Treibmittel hergestellt werden.

Indien möchte seine Verteidigungsindustrie durch heimische Produktion stärken. Dennoch ist das bevölkerungsreichste Land der Welt zum zweitgrößten Waffenimporteur aufgestiegen. Die hohen Einfuhren spiegeln die Bedrohung durch Nachbarn wie China und Pakistan wider. Nach einem Terroranschlag im April eskalierte der Konflikt mit Pakistan, das ebenfalls Atommacht ist, zu einem mehrtägigen Gefecht. Rüstung bleibt daher ein zentrales Thema – in Indien wie in Deutschland.

Die Düsseldorfer sehen in Indien Wachstumschancen und wollen sich zugleich Rohstoffe sichern. Das Unternehmen verbuchte zuletzt Rekordumsätze. Vorstandschef Armin Papperger betonte, das Projekt zeige das „verlässliche Engagement“ unter „starker Führung“ in Indien. Anil Ambani sprach von einem „entscheidenden Moment für den indischen Verteidigungssektor“.

Doch die Kooperation ist nicht unumstritten. Rheinmetall geriet in Indien unter Korruptionsverdacht. 2012 setzte das indische Verteidigungsministerium die Schweizer Tochter Rheinmetall Air Defence (RAD) auf eine schwarze Liste. Der Vorwurf: Bestechungsversuche von indischen Behörden und Schmiergeldzahlungen an den Rüstungslobbyisten Abhishek Verma. Rheinmetall bestritt die Anschuldigungen, wurde jedoch für zehn Jahre von Geschäften mit dem indischen Verteidigungsministerium und anderen Verteidigungsunternehmen ausgeschlossen. 2018 versuchte der damalige Außenminister Sigmar Gabriel vergeblich, die Sperre aufzuheben, die bis heute anhält. Zuvor war Verma von einem indischen Gericht freigesprochen worden. Erst im April war das Verbot, das eben Rheinmetall Air Defence (RAD) auch Unternehmen aus Singapur, Russland und Israel umfasst, nun verlängert worden.

Rheinmetall geriet in Indien unter Korruptionsverdacht

Der Oppositionspolitiker Saket Gokhale kritisiert daher die neue Kooperation. Er fragte auf der Plattform X: „Gelten Verbote und Regeln nicht für die Freunde von Premierminister Modi?“ Denn Anil Ambani, der Bruder des schwerreichen Geschäftsmanns Mukesh Ambani, stammt wie Indiens Regierungschef Narendra Modi aus dem westindischen Gujarat.

Indien bezog traditionell einen Großteil seiner Rüstungsimporte aus der Sowjetunion, später aus Russland. Der Anteil liegt mit 36 Prozent noch hoch, doch er sinkt. Frankreich hat mit 28 Prozent aufgeholt, gefolgt von den USA, Israel und Südkorea, wie das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI berichtet. Doch auch Importe aus Deutschland sind nicht zu vernachlässigen. 2024 genehmigte die Bundesregierung Rüstungsexporte nach Indien im Wert von 224 Millionen Euro – ein leichter Anstieg gegenüber den 213 Millionen Euro des Vorjahres. Neue Abkommen, wie der geplante U-Boot-Deal mit Thyssenkrupp Marine Systems könnten die Zahl weiter anheben.

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