Rückschlag für Energiekonzern: Eon scheitert mit Expansion in Portugal
Der Düsseldorfer Stromkonzern verpasst den Einstieg beim portugiesischen Energieriesen EDP – eine chinesische Firma hat offenbar mehr geboten.
BERLIN taz | Die Weihnachtsfeier hat die Konzernspitze ausfallen lassen, zu schlecht lief es in diesem Jahr bei Eon: Wahrscheinlich verbucht man zum ersten Mal in der Geschichte in diesem Jahr einen Verlust, Stellenabbau, Atomausstieg in Deutschland. Und kurz vor den Feiertagen der nächste Rückschlag.
Der Düsseldorfer Konzern mit einem Umsatz von 92 Milliarden Euro im Jahr 2010 scheiterte bei dem Versuch, groß beim portugiesischen Stromkonzern einzusteigen. Dort übernimmt jetzt eine chinesische Firma 21,35 Prozent - mit rund 2,7 Milliarden Euro hatten die Chinesen das höchste Gebot abgegeben, angeblich 200 Millionen Euro mehr als Eon. Die Anteile gehörten dem portugiesischen Staat, der aufgrund der Schuldenkrise gezwungen ist, Geld einzunehmen.
Konzernchef Johannes Teyssen stellt sich dieser Tage oft den Medien, er muss viel erklären. Warum will sein Konzern 11.000 Stellen abbauen, davon 6.000 in Deutschland. Warum verschläft Eon die Energiewende?
Als Antwort liefert er eine Geschichte, die eigentlich nicht neu ist. Eon habe die Energiewende nicht verschlafen, sagt Teyssen. Nach eigenen Angaben investierte der Konzern in den letzten fünf Jahren 7 Milliarden Euro in den Aufbau regenerativer Kraftwerke, fast ausschließlich Windkraft, allerdings kaum in Deutschland.
Alle 18 Monate ein neuer Windpark
In den nächsten fünf Jahren soll es nochmals so viel werden, unter anderem fließt 1 Milliarde in den Hochseewindpark Amrumbank West vor der schleswig-holsteinischen Küste. Das Ziel lautet, alle 18 Monate in einen neuen Windpark auf dem Meer zu investieren. Die Bundesregierung hat erst im Sommer im Zuge der Energiewende beschlossen, das Geschäft lukrativer zu machen, und die Garantiesumme, die Betreiber pro erzeugter Kilowattstunde über die EEG-Umlage erhalten, angehoben.
Dazu baut Eon weiterhin Kohlekraftwerke: Ein 1.000-Megawatt-Kraftwerk in Datteln hat Eon noch nicht aufgegeben, auch wenn die Planungen vor über zwei Jahren vom Oberverwaltungsgericht Münster kassiert wurden. Auch im niedersächsischen Stade und im hessischen Großkrotzenburg will man zwei Kohlegroßkraftwerke errichten.
Insofern hat die Energiewende an der Strategie nichts geändert. Auch ist das miserable Jahr nicht allein mit den Abschreibungen aus Atomkraft zu erklären, das sagt auch Teyssen. Eine Altlast von Vorgänger Wulf Bernotat trägt der Konzern mit sich herum: 2007 wollte Eon mit der Übernahme des Stromkonzerns Endesa in Spanien einen Stromgiganten schaffen, man bot fast 40 Milliarden Euro. Der Plan scheiterte, Eon übernahm einen Kraftwerkspark auf der Iberischen Halbinsel - der jetzt allerlei Probleme macht. Allein in diesem Jahr müssen 2,1 Milliarden Euro abgeschrieben werden.
Dagegen wirkte der versuchte Einstieg bei EDP in Portugal fast schüchtern. Ein Konzern, der in Portugal viel Wasserkraft unterhält, in Spanien auch an einem Atomkraftwerk beteiligt ist? Zur Strategie Johannes Teyssens, der die Türkei, Indien und Brasilien als neue Zielmärkte auserkoren hat, hätte das perfekt gepasst - EDP ist in Brasilien aktiv. Diese Chance ist verpasst.
Angst vor Stellenabbau
Im Konzern sorgt vor allem der geplante Stellenabbau für Unruhe: "In Teyssens Strategie gibt es zu wenig Aussagen über den Kernmarkt in Deutschland", sagte Ver.di-Experte Sven Bergelin. Die Arbeitnehmervertreter haben ein eigenes Konzept zur Zukunft des Konzerns vorgelegt, das sie allerdings nicht als Gegenkonzept sehen wollen.
Darin wird vor allem gefordert, der Konzern solle sich auf eine dezentrale Energieversorgung einstellen und sich vor Ort eher als Dienstleister für Stadtwerke oder Minikraftwerke sehen. Das verschlinge weniger Kapital und schaffe mehr Arbeitsplätze - auch wenn Bergelin einräumt, dass man um einen Stellenabbau wohl nicht herumkomme.
"Der Konzern darf dezentrale Energieversorgung nicht mehr als Gefahr sehen, sondern muss sie als Chance begreifen. Momentan ist das Denken sehr ausgeprägt, dass Eon ein Betreiber von Großkraftwerken sein muss." Das gelte auch für erneuerbare Energien: Wenn man investiere, dann gleich Milliarden in große Windparks auf dem Meer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“