Rückblick aufs Sportjahr 2022: Die prächtigsten Proteste
Ein Papier im Eiskanal, Klettern ohne Kopftuch oder Chroeos im Stadion. Die Leibesübungen-Redaktion der taz schaut zurück auf ein spezielles Jahr.
Bernd Müllender, Kolumnist „Eingelocht“: DFB-Präsident Bernd Neuendorf, der argumentativ ins sportpolitische Abseits joggte, zweifelhaft Zeugnis über Fifa-Drohungen ablegte und neben Nancy Faeser demonstrativ ohne 1-Love-Logo Japan gegen die Seinigen siegen sah.
René Hamann, freier Mitarbeiter und Freund der Leibesübungen: Symbolpolitik allerorten. Eher unfreiwillig komisch war die Aufschrift auf dem DFB-Flieger „Diversity Wins!“ in dem Moment, in dem er aus Doha in Richtung Deutschland abhob. Mit Zwischenlandung natürlich in München, bevor er weiter nach Frankfurt flog.
Volkan Ağar, helfender Redakteurskollege und Freund der Leibesübungen: Die beeindruckenden WM-kritischen Choreografien der Heim- und Gästefans beim Regionalligaspiel SV Babelsberg 03 gegen FC Carl Zeiss Jena am 3. Dezember. Schauen Sie sich Fotos davon an, dann wissen Sie, was ich meine.
Andreas Rüttenauer, Redakteur und Kolumnist „Kulturbeutel“: Der ukrainische Skeletoni Wladislaw Heraskewitsch hält nach seinem Lauf durch den olympischen Eiskanal bei den Spielen von Peking ein blau-gelbes Papier in die Kameras. „No War in Ukraine“ steht drauf. Es ist der 11. Februar 2022. 13 Tage später beginnt der Überfall Russlands auf sein Heimatland.
Frédéric Valin, Kolumnist „Helden der Bewegung“: Elnaz Rekabi klettert im Finale der Asien-Meisterschaften in Seoul ohne Kopftuch. Sie soll seither unter Hausarrest stehen.
Alina Schwermer, Mitarbeiterin und Kolumnistin „Erste“: Die indigene australische Netball-Spielerin Donnell Wallam hat gegen Sponsor Hancock Mining wegen Rassismus protestiert. Das Team solidarisierte sich, Hancock zog sich zurück, Wallam erzielte beim Debüt den Siegtreffer. 1:0.
Martin Krauss, Mitarbeiter und Kolumnist „Über Ball und die Welt“: Der im allerletzten Moment abgesagte Boykott der Angehörigen des Münchner Olympia-Massakers 1972. Erst diese Drohung bewirkte, dass mit 50-jähriger Verspätung Entschädigungen gezahlt wurden.
Elke Wittich, Kolumnistin „Erste“: Ich fand beeindruckend, dass es in fast jedem Land Proteste und Boykottversuche gab. Und peinlich, dass ARD und ZDF zwar kritische Berichte sendeten, aber kurz danach wieder fröhlich (gut, fröhlich waren die sportjournalistischen Deutschland-Fans immerhin nicht lange) und aufgeregt vors Schland-Quartier schalteten, um die neuesten Nicht-Infos über den Zustand des Teams zu erfahren.
Johannes Kopp, Redakteur: Athleten Deutschland gründen im Mai eine unabhängige Anlaufstelle bei Gewalt und Missbrauch im Spitzensport. Das kann man durchaus auch als institutionalisierten Protest gegen die systemische Gewalt im Leistungssport verstehen.
Markus Völker, Redakteur und Kolumnist „Olympyada-yada-yada“: Am besten umgesetzt beispielsweise bei der Basketball-EM. Warum? Es gab keinen. Verrückt, oder?
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