Rudolf Balmer über den Präsidentschaftskandidaten Macron: Ein Mann mit Mut
Eines muss man dem französischen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron lassen: Der Mann hat Mut. Es braucht entweder eine grenzenlose Risikobereitschaft oder aber authentische Überzeugung, um mit dem Europa-Sternenbanner in den französischen Wahlkampf zu ziehen. Während alle anderen Präsidentschaftskandidaten über die EU lästern, lassen sich seine vorwiegend jungen Anhänger vor der Europa-Idee begeistern. Mit dem proeuropäischen Optimismus, mit dem Macron unerschrocken gegen den pessimistischen Mainstream ankämpft, hebt er sich wohltuend ab.
Aber er ist nicht allein deswegen ein Phänomen in diesem Wahlkampf. Wer hätte vor einem Jahr denn auf den Erfolg einer solchen Kandidatur der politischen Mitte zu wetten gewagt? Vielleicht gerade deshalb, weil er nun drauf und dran ist, das Unglaubliche wahrzumachen und diese Wahlen womöglich zu gewinnen, fasziniert dieser Mann mit seiner Selbstsicherheit seine Zuhörer.
Er verspricht ihnen, aus der Krise des politischen Systems etwas Positives zu machen – und sie glauben es. Auch das ist in einer Epoche des Misstrauens und der in Frankreich ausgeprägten Untergangsstimmung eine beachtliche Leistung. Macrons wichtigste Trumpfkarte aber ist, dass er die besten Chancen hat, den Wahlsieg von Marine Le Pen zu verhindern.
Weniger beeindruckend ist Macrons Programm, ein politischer Gemischtwarenladen, in dem es für jeden was hat: etwas mehr Sicherheit, ein bisschen Innovation und Flexibilität in der Wirtschaft für Sympathisanten eher von rechts, ein Bekenntnis zur Energieende für Grüne, mehr Kaufkraft und Verteidigung der Grundwerte für die von links Kommenden. Das Ganze mit viel Patriotismus und Verweisen auf die glorreiche französische Geschichte dekoriert. Der Musterschüler Macron hat die Lektion in Sachen Wählerverhalten gut gelernt. Die Noten dafür gibt es beim Examen am 23. April.
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