■ Vorlauf: Rotlicht vom Rotfunk
„Maus und Katz“, heute, 20.40 Uhr, arte
Stellen Sie sich vor, Sie dürften mal einen Fernsehfilm machen. Einen über Geltungssucht, Geldgier und Machthunger, womöglich. 90 spannende Unterhaltungsminuten über den kommunalen Politfilz eben. Weil der WDR Fernsehspiele dieser Art besonders mag und weil Grimmes dafür gelegentlich sogar zu Gold greifen.
Geben Sie's zu, auch Sie würden letztlich an Ihr eigenes Fortkommen denken. Sie würden sich kurz über die seichte Story ärgern und den Job dann doch annehmen. Weil der WDR gar nicht so schlecht zahlt. Und dann würden Sie bei Mario Adorf anrufen. Weil auch Sie das öffentlich-rechtliche Fernsehprogramm verfolgen und deshalb wissen, daß niemand sich so telegen zum korrupten Oberbürgermeisterschwein machen kann wie der große Bellheim. So eben, wie sich Ihr WDR-Redakteur rheinische Politikerseelen vorstellt. Unwichtig, daß die Krausens und Münchs dieser Welt in Wahrheit leider nicht im Ansatz so schön „fies“ Kölsch sprechen können. Wen kümmert's. Schließlich machen Sie ja kein Reality-TV.
Atemlos hechtet OB Adorf in „Maus und Katz“ hinter dem Kir Royal der Macht her, klüngelt hier mit dem ortsansässigen Bordellkönig, unterdrückt dort seine untergebenen Staatsbeamten. Mit seiner Rechtsdezernentin Ulrike Kriener verbringt er zwei mal zwei Schäferstündchen pro Woche – deutlich mehr als mit seiner Gattin, die deshalb natürlich säuft und säuft und am Ende in die Schwarzwaldklinik abgeschoben wird.
Hajo Gies, der wiederum weiß, was er der NRW-Filmförderung schuldig ist, taucht die Geschichte aus Gerburg an der Ruhr in die klassischen Schimanski-Farben: schöne Bilder, gute Schauspieler, ein bißchen Zuhältermilieu und eine fleißige Requisite.
Beruhigend schnell weiß man dann, wie's am Ende ausgehen wird: daß der wahre böse Bube nämlich der „Journaillen- Schnüffler“ Ulrich Tukur mit der investigativen Fönfrisur ist, der gegen einen lukrativen Job in der Gerburger Pressestelle die skandalöse Wahrheit schließlich doch für sich behält. Und so bleibt der Nation dann am Ende doch wieder verborgen, daß Deutschlands Kommunen die öffentlichen Gelder vor allem in die ortsansässigen Puffs investieren. Außer die Nation guckt heute abend doch arte. Oder ist WDR-Redakteur. Klaudia Brunst
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