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Roter Teppich für de Klerk

■ Südafrikas Staatspräsident erwartet von den geschäftstüchtigen Deutschen mehr wirtschaftliches Engagement

Bonn (ap/taz) - Über seine Resonanz in Bonn kann sich der südafrikanische Präsident de Klerk nicht beklagen. Nach einem Empfang mit militärischen Ehren bei Bundespräsident von Weizsäcker und „freundlichen und besonders konstruktiven“ Gesprächen mit Kanzler Kohl und Außenminister Genscher trat de Klerk dann vor die Presse: „Die Zeit ist reif für eine völlig neue Einschätzung.“ Er äußerte die Erwartung, daß sich die Bundesrepublik „noch mehr als bisher“ wirtschaftlich in seinem Land engagiere, denn für ihre starke wirtschaftliche und technologische Position seien die Deutschen doch in der Welt berühmt. Sein Land biete ein großes Feld für gewinnbringende Investitionen, und Geschäftsleute seien schließlich an nichts anderem interessiert. Am Abend wollte sich de Klerk mit dem Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, Jürgen Krumnow, treffen. Und am 25. Juni wird die EG über ihre Sanktionspolitik beraten.

De Klerk demonstrierte neues - weißes - Selbstbewußtsein, das er im Laufe seiner zweiwöchigen Europareise tanken durfte. Kein Wort über eine Forderung nach Aufhebung der Sanktionen, er kam schließlich nicht „mit dem Hut in der Hand“. Der von der weißen Minderheit vergangenen September Gewählte bekundete erneut seinen Reformwillen und die Unumkehrbarkeit des begonnenen Dialogs mit dem ANC. Der Bundeskanzler hatte im Gespräch mit de Klerk den friedlichen Dialog begrüßt und de Klerk ermutigt, „auf dem Weg zu einer Verhandlungslösung über tiefgreifende und umfassende Verfassungsreformen fortzuschreiten, die im Endergebnis zu gleichen politischen Rechten für alle Bürger Südafrikas unter angemessener Berücksichtigung der Rechte auch der Minderheiten führen sollen“.

Niemand, nicht einmal ANC-Führer Mandela, zweifelt zumindest am guten Willen de Klerks. Doch Kritiker wollen mehr Taten sehen. Die Anti-Apartheid-Bewegung veranstaltete gestern eine Demonstration in Bonn, um dagegen zu protestieren, daß man de Klerk zu früh unterstütze, solange die Apartheid nicht endgültig überwunden sei. Kernforderungen: Aufhebung des Ausnahmerechts, Amnestie für alle politischen Gefangenen und Tausende ANC-AnhängerInnen im Exil.

Im weißen Südafrika wird der Bahnhof für den Buren nach all den Jahren der Isolation als Riesenerfolg aufgenommen.

AS Wo ist Mandela - Seite 5

Siehe auch Seite 12

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