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Archiv-Artikel

Rotation im Rundfunkrat

Der Medienausschuss hat seine Vorschläge für den neuen Rundfunkrat nominiert: Die erfahrenen Rundfunkräte, die bisher für die Kontrolle des öffentlich-rechtlichen Senders standen, fliegen raus

Von Klaus Wolschner

Der Streit um die Rolle des Rundfunkrates in dem neuen Radio-Bremen-Gesetz war heftig, gestern nun sind die ersten Konsequenzen des Gesetzes deutlich geworden: Der Medienausschuss der Bürgerschaft hat seine vier KandidatInnen benannt. Obwohl es mehr als 30 Vorschläge gab, fielen die Entscheidungen einstimmig ohne kontroverse Debatte, erklärte der stellvertretende Medienausschuss-Vorsitzende Bernd Richter (FDP), der die Sitzung geleitet hat. Man hatte sich darauf verständigt, dass Koalition und Opposition jeweils Vorschläge machen und die gingen dann glatt durch.

Radio-Bremen-Intendant Heinz Glässgen hatte im Herbst während der Beratungen kritisiert, dass der Einfluss der Politik durch das neue Gesetz stärker werden würde und sogar mit seinem Rücktritt als Intendant gedroht. Mit dem Ergebnis der ersten Nominierungen muss er nun allerdings keine schärfere Gangart des Aufsichtsgremiums befürchten – eher das Gegenteil. Erfahrene „Haudegen“ der rundfunkpolitischen Diskussion wie Gisela Hülsbergen, Wilhelm Tacke, Klaus Bernbacher oder etwa Katrin Rabus, die in den vergangenen Jahren in kritischen Situationen im Rundfunkrat den Mund aufgemacht haben, werden in dem neuen Gremium nicht mehr vertreten sein. Der Medienausschuss benannte gestern vier vollkommene Neulinge: Beate Porombka aus Bremerhaven, Christoph Backes, Helena Harttung und Karin Kiese als ordentliche Mitglieder.

Ziel der Verkleinerung des Gremiums auf 26 Mitglieder war die Stärkung des Gremiums. Es sollte nicht mehr ausreichen, dass ein Kandidat Vertreter einer „gesellschaftlich relevanten Gruppe“ war, sondern entscheidend sollte auch seine Kompetenz bei Themen sein, die im Rundfunkrat eine Rolle spielen. Das ist bei den ersten vier jetzt benannten Mitgliedern sicherlich der Fall. Beate Porombka ist Leiterin der Volkshochschule Bremerhaven, Christoph Backes ist ein bekannter „Kreativwirtschaftler“, Helena Harttung arbeitet im Blaumeier-Atelier und Karin Kiese ist bekannt durch ihre frühere Arbeit als Sprecherin des Zentral-Eltern-Beirates (ZEB). Was die Strukturen und Abläufe von Radio Bremen angeht, sind alle vier allerdings unbeleckt. „Das ist immer so, wenn Neue anfangen“, sagt Frank Schildt, SPD-Medienpolitiker, dazu. Die Galeristin Katrin Rabus zum Beispiel, die vom Rundfunkrat in die Gremien der ARD entsandt worden ist, ist zum Schluss aus dem Beschlussvorschlag der SPD herausgefallen allein mit der Begründung, dass sie schon zwölf Jahre im Rundfunkrat sitzt. Bisher hatte der Rundfunkrat ihre Erfahrung geschätzt und sie gerade deshalb zum Beispiel in bundesweite Gremien entsandt. Aber Rabus war auch dem Intendanten als kritischer Gegenpart unbequem. In den Vorberatungen war die CDU strikt dagegen, dass sie wenigstens noch als Stellvertreterin weiter dabei sein kann.

Die 12-Jahres-Regelung war auf Initiative des Gleichstellungsausschusses zum Schluss noch in das neue Radio-Bremen-Gesetz hineingekommen. Anja Stahmann von den Grünen erinnert sich, dass sie und ihr SPD-Part Frank Schildt anfangs dabei Bauchschmerzen hatten. Die Bedenken der Frauenbeauftragten waren aber, dass bei einer Verkleinerung die männlichen Seilschaften sich durchsetzen – deswegen kam eine strenge Quotierung in das neue Radio-Bremen-Gesetz und die 12-Jahres-Regel. Dass es mit Rabus und Gisela Hülsbergen (Ver.di) nun auch zwei engagierte Frauen trifft, ist eine Ironie dieser Gesetzes-Geschichte. So ist der Rundfunkrat das einzige Gremium in Bremen, für das qua Gesetz nicht nur die Frauenquote, sondern auch ein strenges Rotationsprinzip gilt.

Die Grünen haben ihren engagierten und kompetenten Medienpolitiker Hermann Kuhn aus dem Rundfunkrat herauskatapultiert mit der parteiinternen Regelung, dass keine Abgeordneten mehr entsendet werden dürfen. Statt Kuhn soll nun die Landesvorsitzende Susan Mittrenga ins das Gremium geschickt werden.