Rot-grüne Verhandlungen in Berlin: Das 3,2 Kilometer lange Problem
SPD und Grüne gemeinsam in Berlin. Das ist der Plan. Wäre da nicht der Ausbau der A100. Die Grünen wollen das Projekt nach wie vor kippen. Die SPD zweifelt die Verlässlichkeit der Grünen an.
BERLIN dpa | Zoff kurz vor der Zielgeraden: 3,2 Kilometer Autobahn gefährden kurz vor den geplanten Koalitionsverhandlungen das Projekt Rot-Grün in Berlin. Als Knackpunkt im Machtpoker erweist sich die Autobahn A100 von Neukölln nach Treptow. Die SPD will sie bauen, die Grünen nicht. Nach der deutlichen Positionierung auf dem Grünen-Parteitag zweifelt nun die SPD öffentlich an ihrem Wunschpartner - und fordert Zugeständnisse. "Die Grünen müssen sich in der Sache bewegen", sagte Müller in einem Interview des Berliner Tagesspiegel. Aus Sicht der Grünen ist zum Thema Autobahn alles gesagt. Am Dienstag soll nun erneut sondiert werden.
Seine Partei gehe offen in diese Gespräche, sagte Fraktionschef Volker Ratzmann am Sonntag der Nachrichtenagentur dpa. Die Grünen seien auf die SPD bereits zugegangen und hätten einen Kompromiss angeboten. "Wir wollen, dass das Projekt A100 endgültig und dauerhaft beerdigt wird", sagte Ratzmann. Mit der SPD sei aber vereinbart worden, den Bau des Autobahnstücks nicht endgültig aufzugeben, sondern unter anderem eine Umwidmung der Bundesmittel zu erreichen. "Wir haben zuvor sieben Stunden zusammengesessen und uns auf einen Wortlaut geeinigt. Dazu stehen wir auch", sagte er mit Blick auf die Sondierungen in den vergangenen zwei Wochen.
Trotz des klaren Votums der Grünen-Basis am Freitag für Koalitionsverhandlungen mit der SPD hatte sich SPD-Chef Michael Müller am Samstag wegen des "Nein zur A100" skeptisch zu den Erfolgsaussichten geäußert - und sogar an der Verlässlichkeit der Grünen gezweifelt. Dazu werde am Dienstag erneut die Sondierungskommission zusammenkommen, sagte er der Nachrichtenagentur dpa am Rande der Verleihung des Verdienstordens des Landes Berlin. "Wir werden uns tief in die Augen schauen und dann sehen, was wichtiger ist - Rot-Grün oder ein Autobahnstummel", sagte SPD-Vize Mark Rackles dem Tagesspiegel.
Moratorium? Nicht mit der SPD
Auch ein von den Grünen vorgeschlagenes Moratorium zur A100 lehnte Müller ab. "Es kann doch kein Weg für Berlin sein, 400 Millionen Euro in Aussicht zu haben und so lange auf Zeit zu spielen, bis sich andere Länder das Geld nehmen", betonte er. Beide Seiten müssten daran interessiert sein, die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt voranzutreiben. "Dafür ist die A100 ein Synonym", sagte Müller.
Grünen-Chefin Bettina Jarasch sagte dem Tagesspiegel, ihre Partei stehe hinter dem Kompromiss mit der SPD. "Wir dürfen nicht wieder alles aufkündigen, was wir erreicht haben", sagte sie und fügte hinzu: "Ich möchte dahin zurückkehren, dass man so etwas in Koalitionsverhandlungen bespricht statt über die Medien".
Ob am Dienstag der Weg für offizielle Koalitionsgespräche freigemacht wird, ist allerdings wegen des Machtgerangels noch völlig offen. Laut Müller sollen die Vertreter der Grünen noch einmal die Beschlusslage erläutern. "Wir werden das dann SPD-seitig auswerten", sagte er. In der weiteren Sondierung gehe es jetzt darum, ob es eine "Grundlage gibt für Koalitionsgespräche oder nicht. Ich bin da im Moment noch skeptisch", sagte Müller.
Auf die Frage, ob die SPD vielleicht doch lieber mit der CDU verhandele, sagte Müller am Samstag dem RBB: "Ich bin noch nicht ganz so weit." Eine Koalition mit der CDU sei nicht das, was die SPD anstrebe und wolle. Der Morgenpost sagte er, dass die Bündnisoption mit der CDU aber nach wie vor gegeben sei. An vielen inhaltlichen Punkten wäre eine Koalition mit der CDU "nicht einfach"; es könne jedoch sein, dass man zusammenarbeiten muss. "Eine solche Situation zeichnet sich vielleicht ab", fügte Müller hinzu.
"Wir wollen Ende November fertig sein"
Die SPD plant weiterhin, nach einer erfolgreichen Sondierung am Dienstag schnell die Koalitionsverhandlungen mit den Grünen zu beginnen. Angedacht ist laut Müller der Mittwoch oder Donnerstag. "Wir wollen Ende November fertig sein und dann den Regierenden Bürgermeister im Abgeordnetenhaus wählen", fügte er hinzu.
Ein Grünen-Parteitag hatte am Freitagabend überraschend deutlich bei nur drei Gegenstimmen Koalitionsverhandlungen mit der SPD zugestimmt. Zugleich bekräftigten die Grünen ihr Nein zur A100. Sie warfen dem SPD-Landesvorstand und dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit vor, durch einen nachträglich eingefügten Satz in einem SPD-Papier den gemeinsam erarbeiteten Kompromiss zur A100 verfälscht zu haben.
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hat es bereits abgelehnt, die geplanten 420 Millionen Euro für die Verlängerung der A100 für andere Straßenprojekte in Berlin auszugeben. Geld gebe es nur für den geplanten Autobahnbau. Das bezweifeln die Grünen.
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