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Rot-brauner Flirt in Frankreich

Kommunistische und rechtsextreme Intellektuelle suchen Bündnis / Rechter Chefideologe de Benoist sieht Vorbild in russischer Geschichte / Kommunisten droht Parteiausschluß  ■ Aus Paris Bettina Kaps

Nach anfänglichem Zögern hat die Kommunistische Partei Frankreichs jetzt beschlossen, den Kontakten einiger kommunistischer Intellektueller mit rechtsextremen Theoretikern ein Ende zu setzen. Das Sekretariat des Zentralkomitees der KPF forderte alle Parteimitglieder, die „gegenüber rechtsextremen Ideen Entgegenkommen zeigen“, auf, „Konsequenzen zu ziehen“. Andernfalls sollten die Betroffenen ausgeschlossen werden. Das Parteiorgan L'Humanité distanzierte sich vergangene Woche ebenfalls von Versuchen, „über den Graben zu springen, der die KPF von der einst nebulös so genannten ,Neuen Rechten‘ trennt“. Eine Woche zuvor hatte das Blatt entsprechende Presseberichte noch als anti-kommunistische Kampagne verleugnet. Diese Kehrtwende deutet auf Unbehagen und interne Auseinandersetzungen innerhalb der KP-Spitze hin. Denn die Enthüllungen über die rot-braunen Annäherungen betreffen Intellektuelle, die den Humanité-Chefs Roland Leroy und Pierre Zarka nahestehen, sowie ein ZK-Mitglied.

Beweise für derartige Annäherungsversuche zwischen braunen und roten Kreisen wurden in den vergangenen Tagen von drei französischen Zeitungen — Le Canard Enchainé, Le Monde und Libération – veröffentlicht. Demnach sucht vor allem der Chefdenker der Rechtsextremen, Alain de Benoist, „nach neuen Allianzen“ und einem dritten Weg. De Benoist leitete früher den rechtsextremen Denkclub GRECE („Groupement de recherche et d'étude pour la civilisation européenne“). Im März 1992 zeigte er in Moskau öffentlich Sympathie für die sowjetischen Putschisten vom August 1991. Zurück in Frankreich, schrieb er in der Revue der „Neuen Rechten“, Eléments: „Der Kommunismus wird nicht wiederkehren, der Kapitalismus ist unmöglich: etwas anderes muß also erfunden werden.“ Als Vorbild rühmte er „die Annäherung von ,russophilen Monarchisten‘ und ,National-Bolschewiken‘“ in Rußland, die jetzt „demselben Lager“ angehörten.

Im Mai 92 war de Benoist Gastredner einer Debatte, die das KPF- abhängige Institut für marxistische Forschungen in Paris veranstaltet hatte. Mehrere Parteigrößen waren unter den Zuhörern, als de Benoist erklärte, daß die Trennung zwischen rechts und links für ihn nicht mehr besteht. Statt dessen sehe er ein „Zentrum“ – nämlich „die herrschende Ideologie“ – und eine „Peripherie, die all diejenigen versammelt, die diese Ideologie nicht akzeptieren“. „Zwischen allen in der Peripherie kann eine Debatte einsetzen“, sagte er unter dem Applaus seiner kommunistischen ZuhörerInnen.

Antisemitische Verschwörungstheorie

Ein Laboratorium für die rot- braune Annäherung ist insbesondere die Zeitschrift L'Idiot international des schillernden Publizisten Jean-Edern Hallier, der selbst bereits wegen antisemitischer Äußerungen verurteilt wurde. Hallier bewundert Fidel Castro. Zugleich ist er ein Freund von Front-National-Chef Jean-Marie Le Pen. Ein gemeinsamer Urlaub auf Kuba war für Mai geplant, er scheiterte im letzten Moment am Unverständnis einiger FN-Funktionäre und am Protest von KP-Chef George Marchais bei Castro. L'Idiot international, dessen Chefredakteur bis vor einer Woche das aktive KP-Mitglied Marc Cohen war, öffnet ungeniert linken wie rechten Extremisten seine Spalten. Nach den Legislativwahlen vom März machte das Blatt mit einem Appell auf: „Vorwärts zu einer nationalen Front!“ Darin plädierte der Kommunist Jean-Paul Cruse für eine Wiederbelebung der „Allianz aus Kommunisten und der katholischen, nationalen, militärischen Rechten“. Heute stehe „die Größe der Nationen gegen die Balkanisierung der Welt auf Befehl von Wall Street, des internationalen Zionismus, der Frankfurter Börse und der Zwerge aus Tokio“. Cruse äußerte die Überzeugung, daß sich „Pasqua, Chévènement (ehemals PS-Politiker und Verteidigungsminister, d. Red.), Kommunisten und Ultra-Nationalisten einander näher fühlen als Marchais und Mitterrand“. In der folgenden Nummer applaudierte ihm ein Vertrauter von Innenminister Charles Pasqua. Weitere Barrieren reißt der russische Schriftsteller Edward Limonow ein, der 1974 als Dissident nach Frankreich ins Exil ging. Er ist redaktioneller Berater des Idiot. Zugleich schreibt er regelmäßig für die rechtsextreme Monatsschrift Le Choc du mois und gelegentlich für Révolution, eine KP-Wochenzeitung für Intellektuelle. Im Choc du mois berichtete er begeistert, wie er sich selbst an der Seite von serbischen Tschetniks mit der Waffe an der ethnischen Säuberung in Bosnien, „dem Krieg zwischen Christentum und Islam“, beteiligt hat. Seit Mai ist Limonow zudem Präsident der russischen „nationalen bolschewikischen Front“, einer Allianz aus Altkommunisten, Ultra-Nationalisten und Neo-Faschisten. In Frankreich hatte er sich zuletzt bei den Legislativwahlen für die kommunistischen Kandidaten stark gemacht. Nachdem die KPF den Kopf solange in den Sand gesteckt hat, fragt sich, ob sie jetzt wirklich in den eigenen Reihen Nachforschungen über diese Annäherungsversuche anstellen und über Sanktionen nachdenken will.

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