■ Rosi Rolands unglaubliche Geschichten: Brustverschönerung mit Röntgen
70.000 Bremerinnen sollen zum Brustkrebs-Screen-ing. Sie wissen schon, dieser Modellversuch zur Früherkennung, den interessierte Kreise auch gerne „Vorbeugemaßnahme“ nennen. Wenn es nur so wäre. Aber gut, das soll ja noch erforscht werden und ist auch ein anderes Thema. Solange warte ich schon mal auf meine Einladung. Sollte ja schließlich schon letztes Jahr losgehen, dieses formidable „Screening“. Wird also Zeit. Aber wie's aussieht, kann ich noch länger warten. Und wenn das stimmt, was ich da diese Woche wieder hören musste, ist es vielleicht auch besser so.
Da hat doch die beauftragte Berliner PR-Gruppe eine Serie von Werbeplakaten vorgelegt, über die unsereine nur noch fassungslos den Kopf schütteln kann. Mal im Ernst, wer glaubt denn, dass wir Frauen im besten Alter uns mit Fotos von Stehbrüstchen von 20-Jährigen zum Röntgen locken lassen? Als wenn der Slogan wäre: Schöne Brüstchen durch Röntgen. Für wie blöd halten die uns eigentlich? Da kam mir die Ausrede, man hätte sich vom „Stern“ inspirieren lassen, doch ein bisschen dünne vor. Und dann der Hinweis, die Fotos würden nachbearbeitet – schon bemerkenswert, dass Computer heute Brüstchen schrumpeln.
Aber ehrlich gesagt, wirklich aufgeregt habe ich mich erst, als mir klar wurde, was da sonst noch in diesen Plakaten steckt. Also, stellen Sie sich vor: Jungbrust-Aufnahmen von vorne, von der Seite (stehend) und einmal liegend. Und drumrum die Schrift. Brüstchen umfließend. Klassisch irgendwie, erinnert mich an den Schriftzug im Kaffeedampf. In unserem Fall aber verheerend. Schließlich, wer will schon geworben werden mit Bildern, wo die Schriftlinien identisch sind mit den Schnitt-stellen für die Brustamputation?!
Ich war also gottfroh, dass der Projekt-Beirat, diese 24 kompetenten Köpfe aus Behörde, Frauenverbänden und Krankenkassen, das Fiasko gerade noch verhindern konnte. Ungewöhnlicherweise mal einstimmig! Wäre ja sonst auch ein bemerkenswertes Modellprojekt geworden!
Aber dann habe ich mich gefragt – wieso muss eigentlich der ehrenamtliche Beirat hier aktiv werden? Da müssen doch schon X Profis drauf geschaut haben? Und tatsächlich, so war's. Einer von ihnen hat sich auch prompt in der Pannen-Sitzung vom Dienstag geoutet. Als unsere Ärztekammerpräsidentin Ursula Auerswald im Beirat nämlich schlussendlich die peinliche Frage stellte, wer der Anwesenden für diese Plakate ist, hob Modellprojekt-Leiter Dr. Junkermann, von der St. Jürgens-Klinik, brav die Hand. Haha, dabei war der doch überhaupt gar nicht stimmberechtigt im Beirat – was haben die Leute da gegrient.
Aber ich, das muss ich sagen, verstehe jetzt, warum ich immer noch auf meine Einladung warte. Mal ehrlich, wenn solche klugen Köpfe hinter dem Projekt stehen ... kann ja nichts mehr schief gehen, findet Ihre
Rosi Roland
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