■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Notizen aus der Provinz
Da hat doch der Untersuchungsaus-schuß echte Knaller über den Vulkan ans Tageslicht geförder. Wer hätte das gedacht? Zumal sich die Damen und Herren UntersucherInnen noch einen Tag vor der ersten Beweisaufnahme über ganz andere Dinge gestritten haben. Nämlich – Himmel, hilf! – über die Sitzordnung.
Bislang stellte entweder die SPD oder die CDU den Ausschuß-Vorsitzenden, die jeweils andere der beiden großen Parteien den Stellvertreter. Die saßen beide in der Mitte am Ausschuß-Tisch, rechts und links von ihnen ihre jeweiligen Fraktionskollegen. Da war die Welt noch in Ordnung. Nun aber ist das Chaos in Gestalt des Grünen Ausschußvorsitzenden Hermann Kuhn hereingebrochen. Der sitzt nun, na logo, in der Mitten, neben ihm sein Stellvertreter Jens Böhrnsen von der SPD. Neben dem, auch klar, alle anderen Sozis. Wer aber sitzt neben Kuhn? Etwa seine Fraktionskollegin Helga Trüpel, was ja wegen der Kommunikation sinnvol wäre? Oder, weil ungemein wichtig, Elisabeth Motschmann von der CDU?
Man ahnt schon: Die Große Koalition platzierte Elisabeth Motschmann neben Kuhn, und Helga Trüpel darf von ihrem verlorenen Außenposten aus ihrem Fraktionskollegen zuwinken.
Um das Provinzgefühl noch ein bißchen stärker werden zu lassen, erzählen wir noch gerne die Geschichte von der Wehrmachts-Ausstellung (gucken Sie mal in das interview auf Seite 26). Die wird seit letztem Jahr von der Landeszentrale für Politische Bildung geplant, die CDU war immer informiert – und jetzt kommen die christdemokratischen Lordsiegelbewahrer des Sauberkeits-Image der Wehrmacht hinterhergehoppelt und versuchen, die Ausstellung zu kippen. Beim Thema Wehrmacht tauchen urplötzlich alte Kameraden auf. Allen voran Bürgerschaftspräsident Reinhard Metz und sein Verwal-tungsdirektor Ernst-Ulrich Pfeifer. Aber auch der CDU-Abgeordnete Klaus Bürger beim Beirat der Landeszentrale. Er sei gegen die Ausstellung, weil damit „alte Wunden aufgerissen“ würden, meinte er. Und die AfB wechselte gar ihr Beiratsmitglied aus. Karla Hense-Brosig, Ausstellungs-Befürworterin, mußte gehen. Für sie rückte Hartmut Frensel, Ausstellungs-Gegner, nach.
Unsere kleine Stadt: Man streitet sich um Sitzordnungen und um eine Ausstellung, die schon in reichlich Städten gezeigt wurde. Halt doch nur Provinz, meint Ihre Rosi Roland
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