piwik no script img

■ Rosi Rolands Bremer GeschichtenOrdinarius Detlev Albers

1968 war es, vor 30 Jahren, als SPD-Landeschef Detlev Albers als blasser Student an der Hamburger Universität ein Transparent enthüllte. „Unter den Talaren, Muff von 1.000 Jahren“stand dort weiß auf schwarz und wurde zum Kampfruf der Studentenrevolte. Inzwischen ist Albers selbst Professor für Politologie an der Bremer Uni.

Als sich das denkwürdige Ereignis jetzt zum 30sten Mal jährte, war Albers ein begehrter Gesprächspartner. Er verließ sogar den SPD-Parteitag vorzeitig, um in Hamburg auf einem Jubiläums-Podium über seine Vergangenheit als Revolutionär zu sprechen.

Schlechte Studienbedingungen, überfüllte Hörsäle, ungerechte Prüfungen bewegen den akademischen Nachwuchs damals wie heute, plauderte Albers aus dem Nähkästchen. Heutzutage würden sich die StudentInnen allerdings anders organisieren. Sie setzten mehr auf Sympathie denn auf Masse, analysierte der Professor. Und das sei viel „effizienter, politikbewußter“und vor allem medienwirksamer, sagte er in einem Interview mit dem Spiegel. In der taz wünschte sich der gewerkschaftlich organisierte Professor noch mehr Mitbestimmungsrechte für die StudentInnen.

„Der hat es gerade nötig“, empörten sich seine Studis. Albers ist bei ihnen nicht sonderlich beliebt. Seine Vorlesungen gelten als langweilig. Außerdem setzt der Alt-68er mittlerweile auf Autorität. Für seine Studie „Perspektiven der gemeinsamen Landesplanung Bremen und Niedersachsen aus Arbeitnehmersicht“spannte Albers fünf Assistenten ein, die monatelang an der Studie arbeiteten. Albers schrieb die Einleitung. Als das Buch gedruckt werden sollte, bestand er aber darauf, als Autor auf dem Titelblatt zu stehen. Das sei „Raub geistigen Eigentums“protestierten die wirklichen Autoren. Es sei „akademische Tradition“, daß der Professor als Autor aufs Titelblatt gehöre, lernten die Assistenten aus seiner Antwort. Auch von der Möglichkeit, alle Namen – den von Albers wegen des „A“natürlich zuerst – aufs Titelblatt zu schreiben, wollte er nichts wissen. Ein „Autorenkollektiv“sei „irgendwie blöd“, fand der ehemals streng-linke Sozialdemokrat. „Werter Genosse“, schrieb ein Assistent daraufhin an Albers. „Ich bin sehr erbost über Dein Vorgehen. Du müßtest eigentlich die Situation im wissenschaftlichen Betrieb genau kennen, um zu wissen, daß für die Reputation nur eigene Veröffentlichung zählen. Oder denkst Du, wir hätten noch die Ordinarien-Universität, die Du, so glaubte ich, immer bekämpft hast?“Albers Antwort war kurz knapp: „Bestimmte Vorwürfe Deinerseits erscheinen derart abwegig, daß mir jeder weitere Disput darüber als vergeutete Zeit vorkommt.“Er habe veranlaßt, daß auf dem Titelblatt: „Erstellt von Detlev Albers – unter Mitarbeit von ...“stünde, beendete Albers Briefwechsel und Disput. Die Studie des neuen Ordinarius Detlev Albers ist bei den StudentInnen mittlerweile in aller Munde. Protestiert hat trotzdem niemand. Schade, daß die Studenten heute nicht mehr so frech sind wie Detlev Albers damals, findet Ihre Rosi Roland

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen