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■ Rosi Rolands Bremer GeschichtenDie Lyrik der SPD-Sprecherin

Kaum zu glauben, was ein Faxgerät am Tag alles so ausspuckt. Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) wird dabeisein, wenn die Co-lumbia auf Cape Canaveral ins All geschossen wird, teilt der Senat mit. Forschung ist wichtig, findet die AfB. Glogowski ist ein Lümmel, schimpfen die Grünen. Nur von der Bremer SPD hört man irgendwie nichts. Keine Pressemitteilungen von Irmela Körner. Dabei ist die SPD-Pressesprecherin alles andere als schreibfaul. In der neusten Ausgabe von „Brillant“– dem edlen Gesellschaftsmagazin aus Bremen – hat Irmela Körner fast den gesamten Kulturteil geschrieben. Kostprobe gefällig? „Zum Schluß setzt Barbara Bilabel ein surreales Aufgebot an Tieren und Engeln ein. Dieses unverhoffte Hereinbrechen einer merkwürdigen Fabelwelt wirkt aufgesetzt und steht quer zu all dem, was sich vorher auf der Bühne des Bremer Schauspielhauses zugetragen hat. Doch es löst auch Lachen aus und es befreit – vom Schrecken über die bösen Geschichten Horvaths“, schreibt Frau Körner über Horvaths „Zur schönen Aussicht“. Auch über Goldonis Kaffeehaus, berichtet Frau Körner: „Etwas vom Geist dieser Kaffeehäuser, die in Wien im vergangenen Jahrhundert zu ihrer wahren Blüte fanden, muß Carlo Goldoni geahnt und gespürt haben. Seine Komödie in drei Akten jedenfalls spielt dort, und hier spielt sich auch alles das ab, was das Leben an Leid und Verführung, an Liebe und Verzweiflung zu bieten hat.“

Schade, daß die SPD-Abgeordneten ihre Pressemitteilungen und Reden so ungerne von Frau Körner schreiben lassen. Die Zeitungen würden sich darum reißen, die Meldungen aus dem SPD-Haus abzudrucken. Vielleicht so: „Wenn erst das leuchtende Blau des Ocean Parks die schnöde Tristesse der Stadt am Busen des Weserdeltas illuminiert, wird dortselbst die heitere Leichtigkeit des Seins das todbringende Verderben besiegt haben“, erklärt Fraktionschef Christian Weber zu den Plänen Wirtschaftssenator Josef Hattigs, das Konzept für den Freizeitpark noch einmal durch Unternehmensberater überprüfen zu lassen“. Oder: „Wenn erst das Lachen glücklicher Touristenkinder über den Deich erschallt, und die Geldbörsen ihrer Eltern sich mit dem Stadtsäckel vereint haben, wird es bergauf gehen mit der Stadt am Meer.“

Schön zu lesen auch, was Frau Körner unter ihrer Rubik „Neuheiten aus der Szene“über Pierwoß geschrieben hat. „Generalintendant Klaus Pierwoß, dessen Vertrag bis zum Jahr 2004 verlängert wurde, hat auf McKinsey eine schlichte, aber eindeutige Antwort: Wir setzen unsere Waffen und unser Szenario wieder ein.“Nur ganz, ganz böse, spießige Spielverderber würden hier eine unanständige Verquickung zwischen Parteiarbeit und Journalismus vermuten, zumal man ja als Pressesprecherin der SPD ganz gut bezahlt wird. Und auch, daß eine Sozialdemokraten-Sprecherin für ein Edelmagazin schreibt, ist p.c. Schröder raucht ja auch Zigarren für 50 Mark das Stück. Es gibt Jouranlisten, die die schönen Pressemitteilungen jedenfalls kaum erwarten können, weiß Ihre Rosi Roland

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