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■ Rosi Rolands Bremer GeschichtenSpitzengehälter in Fishtown

Bremerhaven ist eine besondere Stadt. Keine Stadt dieser Größenordnung in der Bundesrepublik hat eine so überdurchschnitt-liche „Einwohnerveredelung“ und damit so eine gute Finanzausstattung. Keine Großstadt ist gleichzeitig so defizitär und pleite wie Bremerhaven. Und in keiner Großstadt verdienen die Spitzenbeamten so viel wie in Bremerhaven. Denn für normale Städte dieser Größe gilt ein „Stellenkegel“ im Bundesbesoldungsgesetz, nur für Bremerhaven nicht.

So kommt es, dass in Bremerhaven die Spitzenleute alle mindestens zwei Gehaltsstufen mehr verdienen als etwa in Bielefeld oder Fürth. Der Oberbürgermeister Jörg Schulz kriegt die Besoldungsstufe B 8, sein Stellvertreter B 7 und sämtliche Stadträte B 6, das ist wirklich Spitze. Und da soll Dieter Kleine, der Chef der Magistratskanzlei, nur B 2 bekommen? Der muss sich ja komisch vorkommen. Der Oberbürgermeister hält B 4 für angemessen. Der Mann ist über 60 Jahre alt, und wenn sie für seine Pensionsansprüche noch wirksam sein soll, muss die Beförderung schnell passieren.

Der Magistratsdirektor ist aber Beamter. Seine Stelle steht nicht nur im Bremerhavener Stellenplan, sondern auch mit B 2 im Beamtengesetz des Landes Bremen. Das ist zum Beispiel mehr als der Oberstudiendirektor einer Schule bekommt. Da muss eine besondere Begründung für die Anhebung her. Der Magistrat der kleinen Stadt im Zweistädtestaat müsse ja auch mittelbehördliche Aufgaben übernehmen, sagt der Oberbürgermeister. „Mittelbehördlich“ ist, wenn eine Behörde im Stadtstaat sich selbst kontrolliert, weil keine Mittelbehörde über ihr ist. Das, hat der Oberbürgermeister erklärt, muss Dieter Kleine in Zukunft mehr tun als bisher.

Seit Bremerhaven einen neuen Oberbürgermeister hat, geht dort eben die Post ab. Vor dem erlauchten Konvent der Bremerhavener Industrie- und Handelskammer hat Jörg Schulz verkündet, dass er nun eine veritable Magistratskanzlei haben will. Dieser feinen Truppe gehört der Magistratsdirektor an, den es schon gibt, der Pressesprecher, den Schulz von seinem Vorgänger übernehmen musste, und ein neuer Wirtschaftsreferent – eine Stelle, die die CDU mit einem Parteibuch besetzen will, weil ja noch kaum einer ihr Parteibuch hat in der Bremerhavener Stadtverwaltung.

Pressesprecher und der Wirtschaftsreferent (wegen der wirtschaftlichen Not in Bremerhaven) bekommen Angestellten-Sonderverträge. Keiner weiß genau, wie viel sie verdienen. Jeder weiß nur, dass es ziemlich viel ist. Und wenn Magistratsdirektor Kleine in dann den Ruhestand geht, dann will der Schulz mit B 4 einen ordentlichen Chef für seine Magistratskanzlei locken können. Bremerhaven muss sich ja auch mal was leisten, findet Ihre Rosi Roland

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