Rosi Rolands Bremer Geschichten: Lokales blamiert „Denkfabrik“
Der Kampf zweier Linien tobt im Hause des Weser Kurier. Wirtschafts- und Lokalredaktion liegen sich in den Haaren. Geschichten über Geschichten wären zu erzählen, neuerdings wird der Streit sogar in der Zeitung ausgetragen. Bremen hat eine „Denkfabrik“, enthüllte die Wirtschaftsredaktion am 3. März, ein modern gestaltetes Bürohaus im Technologiepark und mit entspannendem Blick auf das Naturschutzgebiet Hollerland, in dem Wissenschaftler der Universität und Dienstleistungsunternehmen, die mit fachkundigem Rat ihr Geld verdienen, vereint nachdenken. Und oben drüber thront der „Bremer Ausschuss für Wirtschaftsforschung“ (BAW), Wissenschaftler im Dienste des Wirtschaftssenators, die die Aufträge für die anderen besorgen. Firmen wie der Prognos AG, die auch gern mit Bremer Staatsaufträgen bedient werden, bleibt nichts anderes übrig als in der „Denkfabrik“ Untermieter zu werden.
Drei Wochen nach dem ersten Lob kam die Wirtschaftsredaktion des Weser Kurier wieder auf dasselbe Thema zu sprechen, diesmal war nicht der BAW mit Untermietern die „Denkfabrik“, sondern das Nachbargebäude des Unternehmers Diekhöner. Anlass war die gewünschte Förderung eines neuen Bauabschnitts, mit dem dann die ganze Ecke zu einem „Quartier von vernetzten und zukunftsorientierten Dienstleistern“ wachsen solle, „da werden Kompetenzen gebündelt“.
Soviel Gesäusel mus die Lokalredaktion provoziert haben. Einen Tag danach nahm sie sich einfach eine Studie aus der „Denkfabrik“ vor. In Bremen kämen auf 17.000 Einwohner 10.000 Quadratmeter und damit habe Bremen im Großstädte-Vergleich mit die geringste Einwohnerdichte, hatten die Experten aus der Denkfabrik des BAW ausgerechnet. Zuviele Grün also.
Leere Zahlenspielereien, konterte die Lokalredaktion, Bremen hat im Dritten Reich große landwirtschaftliche Flächen (Strom, Seehausen) eingemeindet, mehr sagt die Zahl nicht.
Klarer Punktsieg für die Lokalredaktion. Mit welchen Erkenntnissen aus der „Denkfabrik“ die Kollegen aus der Wirtschaftsredaktion demnächst kommen? Die Erkenntnis, dass nach Umsiedlung von technologieintensiven Firmen in den Technologiepark die meisten Patente von Firmen aus dem Technologiepark angemeldet wurden, hat die „Denkfabrik“ sich nicht selbst zugetraut, sondern an Experten aus Hamburg vergeben, meldete die Wirtschaftsredaktion diese Woche. Rosi Roland
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