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Romani Rose über Asyldiskussion„Populistische Jagd nach Wählern“

Der Zentralrats-Chef der Sinti und Roma warnt vor Rassismus in der Asyl-Diskussion. Die Minderheit fast immer im Zusammenhang mit „Asylmissbrauch“ genannt.

„Ich warne vor Rassismus und Populismus“, sagte Romani Rose wörtlich. Bild: dapd

BERLIN dpa | In der Debatte um eine wachsende Zahl von Asylsuchenden vom Balkan warnt der Zentralrat der Sinti und Roma die Bundesregierung vor Rassismus und Populismus. „Jetzt eine Visumpflicht für Menschen aus Serbien oder Mazedonien einzuführen, wäre das falsche Signal“, sagte der Vorsitzende Romani Rose den Dortmunder Ruhr Nachrichten. „Ich warne vor Rassismus und Populismus. Es darf nicht von Hautfarbe oder Herkunft abhängen, wer nach Deutschland reisen darf“, sagte Rose.

Grundsätzlich sehe er zwar nicht, dass für Sinti und Roma aus Serbien oder Mazedonien Asylgründe in Deutschland bestünden. „Man sollte aber jeden Einzelfall sorgsam und nicht im Schnellverfahren prüfen“, sagte Rose. Die Menschen machten sich auf den Weg nach Deutschland, weil sie in ihrer Heimat diskriminiert und ausgegrenzt würden. „Es gibt in Serbien und Mazedonien unvorstellbaren Rassismus“, so der Vorsitzende der Verbandes.

Die Eröffnung des Berliner Denkmals für die 500.000 von den Nazis ermordeten Sinti und Roma am kommenden Mittwoch sieht Rose als Verpflichtung für Staat und Gesellschaft in Deutschland. „Rassismus gegenüber Sinti und Roma muss genauso geächtet werden wie Antisemitismus. Daraus folgt, auch in tagespolitischen Debatten Verantwortung zu übernehmen“, sagte er.

„Wir empfinden es als diskriminierend und rassistisch, wenn das Thema Asylmissbrauch in der Öffentlichkeit fast immer in Zusammenhang mit unserer Minderheit auftaucht.“ Darüber sollten alle nachdenken, „die mit populistischen Sprüchen auf die Jagd nach Wählerstimmen gehen und Sinti und Roma zu Sündenböcken für Kriminalität und hohe Arbeitslosigkeit erklären“.

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5 Kommentare

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  • J
    Janosch

    Liebe Frau Reske,

     

    bin ein Sinto und was sie hier schreiben kann ich mit gewissen Einschränkungen bestätigen.Bei besagtem Problem (Asylmißbrauch) geht es allerdings nicht um die Volksgruppe mitteleuropäischer Sinti, sondern osteuropäische Roma mit anderer Sprache Kultur und Herkunft.Selbstverständlich unterscheiden sich auch unsere "Alten Gesetze" diametral von denen der Roma Osteuropas.So würde ein Sinto niemals andere Menschen anbetteln,oder sich eine Sintiza prostituieren,um nur zwei Beispiele zu nennen.Sinti leben schon seit ca.600 Jahren im deutschen Sprachraum.100% der in Deutschland geborenen und hier ansässigen Sinti sind als anerkannte Minderheit(wie Sorben/Dänen/Saterfriesen) im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft und damit Bürger dieses Landes.Übrigens...auf Sarrazins Populismus und weitere rechte Parteien kann dieses Land getrost verzichten.

  • IR
    IKarin Reske

    Grundsätzlich sehe ich, dass bereits eine große Gruppe Roma aus den besagten Ländern hier lebt (viele sind schon als Arbeitsmigranten gekommen) und die alles tut, ihre Familien, Verwandten und was auch immer ins "reiche" Deutschland nachzuholen. Leider verschweigt man uns die "alten Gesetze" der Sinti und Roma, sonst könnten wir viele Schwierigkeiten besser verstehen.

  • TL
    Tim Leuther

    Das Asylrecht ist ein Gesetz. Über dessen Wortlaut und Interpretation entscheidet Deutschland souverän.

  • H
    Heuchelei

    Asylmißbrauch besteht in der taz nur in Anführungszeichen. Es ist ein Abbild der politischen wie medialen Klasse. Eine der Ursachen der Probleme welche wir haben. Es waren genau die gleichen Ursachen welche den erdrutschartigen Sieg der Rechten in Ungarn ermöglichten: Politisch korrekte einseitige Medien, eine politische Kaste welche nur um den Futtertrog und dazu nötige Macht kämpfte und eine medial nicht existente und politisch dadurch nicht mehr erlaubte Realtätsdebatte. Bei uns gibt es bisher keine rechte damokratische Partei. Sarrazin hätte ein Warnschuss sein müssen. Wer zu spät kommt den bestraft das Leben.

  • D
    D.J.

    "Grundsätzlich sehe er zwar nicht, dass für Sinti und Roma aus Serbien oder Mazedonien Asylgründe in Deutschland bestünden."

     

    Danke, Herr Rose, für diese ehrlichen Worte, die sich wohlwollend vom Geschwätz solcher mittlerweile weitgehend unseriös gewordenen Organisationen wie Pro Asyl abheben (die ich früher mal durch ehrenamtliche Arbeit unterstützt hatte).

    Es mag schwierige Probleme hinsichtlich der Sinti und Roma auf dem Balkan geben. Lösungen müssen diskutiert und angegangen werden; das wird zunächst auch Geld kosten (v.a. Bildung, Bildung, Bildung vor Ort). Das Asylrecht bzw. dessen Missbrauch löst die Probleme zuallerletzt.