: Rohwedder bleibt doch
■ Personalkarussell drehte Looping, Personen bleiben MIT DER TREUE AUF DU UND DU
Bonn/Stuttgart/Berlin (ap/taz/ adn) — Der frühere Stahlmanager Detlev Karsten Rohwedder will nun doch Präsident der Treuhandanstalt zur Privatisierung von Staatsbetrieben der früheren DDR bleiben — trotz der Kritik aus den Reihen der Bonner Regierungskoalition, die im Gefolge seiner Ankündigung, den Vertrag nicht zu verlängern, laut geworden war. Gegenüber der 'Stuttgarter Zeitung‘ bestätigte Rohwedder, daß er seinen Posten als Vorstandsvorsitzender der Dortmunder Hoesch AG aufgeben und bei der Treuhand einen Vierjahresvertrag unterschreiben will. Diese Entscheidung habe er nach Gesprächen mit Bundeskanzler Helmut Kohl und dem Hoesch-Aufsichtsrat getroffen. Auch Birgit Breuel, die als Konkurrentin Rohwedders gehandelt wurde und dann angekündigt hatte, Wirtschaftsministerin in Sachsen werden zu wollen, will laut 'Stuttgarter Zeitung‘ nun doch im Vorstand der Treuhand bleiben.
Der Hoesch-Aufsichtsrat will am kommenden Freitag der Auflösung des Vertrags mit Rohwedder zustimmen. Die 'Bild‘-Zeitung will aus Bonner Kreisen erfahren haben, daß Rohwedder bei der Treuhand wie bei Hoesch einen mit rund einer Million DM im Jahr dotierten Vertrag bekommen soll. Das Bundesfinanzministerium bestätigte, daß der für die Personalentscheidung zuständige Minister Waigel Rohwedder um die Fortsetzung seiner Arbeit gebeten hat, damit die erforderliche Kontinuität der Arbeit gewahrt bleibe.
Der Aufsichtsratsvorsitzende der Treuhand, Jens Odewald, hatte nach Rohwedders Rückzugsankündigung in Stuttgart eine „hervorragende Lösung“ an der Spitze der Gesellschaft angekündigt. Er kündigte an, daß die Treuhand in Kürze zwei hochqualifizierte, unabhängige Juristen nach dem Vorbild der schwedischen „Ombudsmänner“ damit beauftragen werde, gegen alte Seilschaften aus Zeiten des SED-Regimes sowie gegen die in jüngster Zeit bekanntgewordenen Verflechtungen dieser alten Interessengemeinschaften mit westdeutschen Unternehmen anzugehen. „Wir müssen uns vor Denunziation hüten“, warnte er.
Wegen seines Festhaltens an Managern der früheren Staatsbetriebe war das SPD-Mitglied Rohwedder vor allem von Unionspolitikern kritisiert worden. Auch an der Spitze der Treuhandanstalt soll es deswegen zu Reibereien gekommen sein.
Odewalds weiteren Angaben zufolge werden in den ostdeutschen Betrieben rund 15.000 neue Aufsichtsratsmitglieder gebraucht. 2.500 Aufsichtsräte seien bereits bestellt, der Rest werde noch bis Ende dieses Jahres berufen.
In den vergangenen Wochen haben laut Odewald neben westdeutschen Unternehmen vor allem Investoren aus Frankreich und aus Skandinavien, aber auch aus den Vereinigten Staaten Interesse an Unternehmen in den fünf neuen Bundesländern gezeigt. Japanische Firmen hielten sich dagegen gegenwärtig noch zurück. Odewald räumte vor vor allem Maschinenbauunternehmen, aber auch dem Handel sowie Zeitungshäusen, Speditionen und Firmen in der Chemie- und Kosmetikbranche aufgrund ihrer hervorragenden Stellung gute Chancen ein. Die als Unterabteilung der Treuhand fungierende Gesellschaft zur Privatisierung des Handels in Ostdeutschland soll seinen Angaben zufolge bereits im Oktober 1991 wieder aufgelöst werden. Er gehe davon aus, daß 90 Prozent der kleineren Einzelhandelsgeschäfte „ganz schnell privatisiert werden“. Die Treuhand wolle aber auch größere Blöcke zügig in Privateigentum überführen.
Die Entscheidung Rohwedders wurde gestern laut 'adn‘ vom Verwaltungsrat der Treuhandanstalt „begrüßt“, und Odewald verlautbarte: „Damit und mit dem jetzt kompletten Vorstandsteam ist bei der Treuhandanstalt die Fortsetzung der erfolgreich begonnenen Arbeit gewährleistet.“
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