Rohstoffgewinnung in Schweden: Eisenerzabbau im Weltnaturerbe

Die Regierung in Stockholm ignoriert die Appelle von Natur- und Menschenrechtsorganisationen und genehmigt eine umstrittene Eisenerzgrube.

Greta Thunberg und weitere Demonstranten stehen in dicken Winterjacken mit Protestschildern in einer verschneiten Landschaft

Klimaaktivistin Greta Thunberg während einer Protestaktion in Jokkmokk im Februar 2022 Foto: TT NEWS AGENCY/Reuters

STOCKHOLM taz | Die Proteste von Greta Thunberg halfen ebenso wenig wie die Appelle von Amnesty International, dem UNHCR, Greenpeace und anderen Umweltschutzorganisationen. Am Dienstag hat Schwedens sozialdemokratische Regierung Gállok, ein höchst umstrittenes Projekt für einen Eisenerztagebau, in der lappländischen Wildnis nahe dem Ort Jokkmokk genehmigt.

Wirtschaftsminister Karl-Petter Thorwaldsson begründete die Zustimmung mit „fundamentalem Reichsinteresse“ und der Hoffnung auf positive Auswirkungen für die regionale Wirtschaft. Er ging aber auch auf die Warnungen der Unesco ein, ein Ja zu den Grubenplänen könne die Einstufung der dortigen Region „Laponia“ als „Weltnatur-“ und „Weltkulturerbe“ gefährden, zu deren Schutz Schweden sich verpflichtet hat.

Man habe die Genehmigung von 12 Bedingungen abhängig gemacht, an die sich der Betreiber halten müsse. Die zielen im wesentlichen darauf ab, Eingriffe in die Natur so gering wie möglich zu halten und die Samen, die dort Rentierzucht betreiben, für Schäden und höhere Kosten zu entschädigen.

Die fraglichen Auflagen seien unzureichend und bewiesen lediglich, dass ein solcher Grubenbetrieb unvereinbar mit dem Schutz der Natur sei, reagierte Jenny Wik Karlsson, Juristin beim Reichsverband der schwedischen Samen, auf den Regierungsbeschluss.

Ein „neues Kapitel der Kolonisation“

Typisch sei, dass Thorwaldsson die Rechte der Samen gar nicht erwähnt habe: „Die Regierung macht es wie immer und negiert einfach, dass Schweden eine Urbevölkerung mit eigenen Rechten hat.“ May-Britt Öhman, Dozentin für Umweltgeschichte an der Universität Uppsala, sprach von einem „neuen Kapitel der Kolonisation der Samen durch den schwedischen Staat“.

Die Regierung in Stockholm habe mit diesem Schritt ihre „kurzsichtige, rassistische, koloniale und naturfeindliche Haltung bekräftigt“, twitterte Greta Thunberg, die sich zusammen mit Fridays-for-Future-AktivistInnen aus mehreren Ländern gegen die Pläne engagiert hatte. Wir „bedauern den Beschluss zutiefst“, heißt es in einer Erklärung von Amnesty International, und die Grünen-Vorsitzende Märta Stenevi sprach von einer „Tragödie für die Rechte der Samen, die Natur und künftige Generationen“: Es sei „unglaublich“, all dies den kurzfristigen Profitinteressen der Grubenbranche zu opfern.

Tatsächlich sind die Förderabgaben im Vergleich zu Minenländern wie Australien, Kanada oder Brasilien für internationale Grubenkonzerne sehr niedrig. Werden dort meist zwischen 3 und 7 Prozent an Royalities fällig, gibt sich der Staat in Schweden mit 0,5 Promille des Mineralienwerts zufrieden. Die GegnerInnen des Gállok-Projekts haben bereits angekündigt, dass sie den Beschluss der schwedischen Regierung nicht einfach akzeptieren werden. „Wir werden weiterhin dafür kämpfen, dass es diese Grube nicht geben wird“, sagt Jan Erik Länta, der Vorsitzende der betroffenen Samengemeinde Jåhkågasska Tjiellde.

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