Rohstoffe aus der Tiefsee: „Da ist nix nachhaltig“
An Land werden die Ressourcen immer knapper – umso mehr steigt das Interesse an Rohstoffen im Meer. Aber der technisch komplizierte Abbau birgt große Umweltrisiken.
HAMBURG dpa | Gold und Silber, Kupfer und Zink. Diese und weitere seltene Metalle, die zum Teil Ausgangsbasis für High-Tech-Teile sind, sind heiß begehrt. Bisher werden sie in Minen an Land abgebaut, doch der weltweite Hunger nach Rohstoffen und die daraus resultierenden hohen Preise rückt auch Lagerstätten in der Tiefsee ins Visier von Staaten und Firmen.
So „sollen künftig Erze in Form von Manganknollen, Kobaltkrusten und Massivsulfiden in bis zu 4.000 Meter Tiefe abgebaut werden“, um den wachsenden Bedarf an Rohstoffen zu decken, heißt es im „World Ocean Review III – Rohstoffe aus dem Meer“, der am Donnerstag in Hamburg vorgestellt wurde. Heute sei die Arbeit in der Tiefe allerdings noch unwirtschaftlich.
In dem 168 Seiten starken Bericht haben Wissenschaftler des Kieler Exzellenzclusters „Ozeane der Zukunft“ und international renommierte Experten Fakten über die bekannten Öl- und Gasvorkommen zusammengetragen und informieren über mineralische Ressourcen.
„Rohstoffe im Meer haben großes Potenzial“, sagt Martin Visbeck, Sprecher des Exzellenzclusters. „Aber man kann wohl sagen, trotz der steigenden Metallpreise ist derzeit noch niemand bereit, sehr viel Geld für den Tiefseebergbau in die Hand zu nehmen.“ Dennoch, „die wirtschaftliche Nutzung mariner mineralischer Rohstoffe rückt angesichts des Anstiegs der Rohstoffpreise und globaler Verknappungsszenarien bei bestimmten Rohstoffen immer mehr in den Fokus und könnte mittelfristig eine größere Bedeutung erlangen“.
So steht es beispielsweise im „Nationalen Masterplan Maritime Technologien“ Deutschlands. Und auch Unternehmen zeigen Interesse an den mineralischen Schätzen der Ozeane. Weltweit gibt es bisher noch keinen kommerziellen Tiefseebergbau von Metallen. Allerdings stehen schon einige Staaten wie Deutschland und private Firmen in den Startlöchern und machen Erkundungsbohrungen oder haben Lizenzen dafür beantragt. Visbeck findet es sinnvoll, diese Pilotvorhaben wissenschaftlich zu begleiten, Umweltaspekte zu berücksichtigen und herauszufinden, ob das grundsätzlich überhaupt darstellbar ist.
Erheblicher Eingriff ins Ökosystem
Ein Abbau sei immer mit Risiken und Umweltbelastungen verbunden, darüber müsse diskutiert werden, sagte der Kieler Ozeanograph. So sind sich Wissenschaftler laut Bericht beispielsweise darin einig, „dass der Abbau von Manganknollen einen erheblichen Eingriff in den Lebensraum Meer darstellt“. So könnte durch den Lärm und die Vibrationen, die bei Abbau, Herauspumpen und Reinigen der Knollen entstehen, Delfine und Wale gestört werden. Und im durchpflügten Bereich würden alle Tiere sterben, die nicht schnell genug fliehen könnten, Würmer, Schnecken und Seegurken beispielsweise.
Zudem werden die metallischen Rohstoffe beispielsweise als nachwachsend bezeichnet – zu Unrecht. „Man muss ganz klar sagen, da ist nix nachhaltig“, sagte Visbeck, „die Vorkommen sind endlich“. Zudem sei ein Abbau sehr kostspielig. Auf der anderen Seite vermeide Meeresbergbau Landnutzungskonflikte, heißt es im „World Ocean Review“. Und Staaten, die über keine eigenen Rohstoffreserven verfügen, erlangten ein Stück weit Unabhängigkeit von den Exportnationen.
Eine Empfehlung oder einen Ratschlag für oder gegen den Tiefseebergbau jeglicher Art, gibt der Bericht nicht. „Wir wollten Hintergründe und Fakten bündeln und auf den Tisch legen“, sagte Visbeck. Auf dieser Grundlage könnten alle Beteiligten in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft nun sachlich diskutieren, ob und in welcher Form der Tiefseebergbau gewünscht sei.
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