Röttgen nach NRW-Wahl in der Kritik: Minister auf Bewährung
Röttgen ist nach seiner Niederlage angeschlagen. Die Opposition fordert seinen Rücktritt: Er sei nicht nur als Spitzenkandidat überfordert gewesen, sondern auch als Minister.
BERLIN taz | Der erste Rücktritt – vom CDU-Landesvorsitz – war kaum verkündet, da begann schon die Debatte über den nächsten. Muss Norbert Röttgen nach seiner dramatischen Niederlage in Nordrhein-Westfalen auch um sein Amt als Bundesumweltminister fürchten? Vertreter von SPD und Grünen legten ihm am Montag jedenfalls den Rücktritt nahe, und auch aus den eigenen Reihen kam Kritik.
Röttgen sei nicht nur als Spitzenkandidat überfordert gewesen, sondern auch als für die Energiewende verantwortlicher Minister, sagte SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil der Rheinischen Post. „Auch hier sollte er Konsequenzen ziehen.“ Auch Grünen-Chefin Claudia Roth stellte Röttgens Eignung als Minister infrage. „Für die Energiewende braucht es eine starke koordinierende Kraft“, erklärte sie am Montag in Berlin. „Die ist Herr Röttgen ganz offensichtlich nicht.“
Unverhohlene Zweifel an Röttgens Kompetenz als Umweltminister äußerte am Montag auch CSU-Chef Horst Seehofer. „Die Menschen wollen endlich Antworten hören, wie es mit der Energiewende weitergehen soll“, stichelte er in der Bild. „Ich hoffe, dass der Bundesumweltminister mit dieser Herausforderung anders umgeht als mit dem Wahlkampf in NRW.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel wies diese Überlegungen zurück, wenn auch auffallend zurückhaltend: „Die Kontinuität der Aufgabenerfüllung“ sei für einen Erfolg der Energiewende nötig, sagte sie. Röttgen selbst betonte, er denke nicht an einen Rückzug, sondern wolle seine Arbeit als Umweltminister „engagiert und gut“ fortsetzen.
Dass ihm das gelingt, daran gibt es allerdings erhebliche Zweifel. Hatte er im Kabinett schon bisher manche Niederlage erlitten, vor allem gegen FDP-Chef und Wirtschaftsminister Philipp Rösler, so wird seine Durchsetzungskraft nach seiner Niederlage weiter nachlassen, fürchten die Vertreter vieler Umweltverbände. Auf Rücktrittsforderungen verzichten die meisten jedoch – weil sie weiter mit ihm zusammenarbeiten müssen, aus Ungewissheit, wer sein Nachfolger werden könnte, oder weil sie auf eine Wende zum Guten setzen.
„Ein geschwächter Umweltminister kann umweltpolitisch mehr erreichen als ein nicht geschwächter, der auf Wahlkampftour ist“, sagt etwa Tobias Münchmeyer von Greenpeace. BUND-Sprecher Rüdiger Rosenthal hofft, dass Röttgen jetzt endlich „mehr Einsatz für seine eigentliche Aufgabe zeigt“. Auch Alois Vedder vom WWF will zunächst abwarten, „ob Röttgen nun eine Lame Duck ist, die nichts mehr erreicht, oder ob er sich endlich wieder auf seinen Job konzentriert und mehr zustande bringt als zuletzt“.
Ob Röttgen dies gelingt, wird er schon bald zeigen können: So muss nach dem Veto des Bundesrats ein Kompromiss zur Solarkürzung gefunden werden. Und noch vor der Sommerpause sollte nach bisherigen Plänen eine Einigung über die Zukunft der Atomendlagerung zustande kommen.
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