Röttgen in Gorleben: Erst heißer Herbst, dann Frostbeule
Norbert Röttgen (CDU) hat erstmals das mögliche Endlager in Gorleben besucht. Er sagt, er wolle dort "einen Bürgerdialog eröffnen".

Umweltminister Röttgen vor seiner Fahrt in den Salzstock Gorleben. Bild: dpa
BERLIN taz | Das war echtes Gorleben-Feeling: Eiskaltes Wetter, frostige Stimmung - und wieder keine Aussicht auf Erfolg. Was im Wendland sonst nur hartgesottene Atomkraftgegner aus der Sitzblockade kennen, hat am Donnerstag auch Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) erfahren dürfen.
Erstmals seit seinem Amtsantritt besuchte der Minister das mögliche Atommüllendlager in Gorleben - und forderte dabei die niedersächsische Bevölkerung zu einem Dialog über die Zukunft des Standorts auf. Atomkraftgegner hatten Röttgen während der letzten Castor-Proteste vorgeworfen, sich noch nie selbst ein Bild von Gorleben verschafft zu haben. Doch als er nun kam, zeigten sie ihm nur die kalte Schulter.
Dabei hatte er doch ordentlich gelitten: Nicht wie geplant feist mit dem Hubschrauber, sondern nur im bürgernahen Regionalexpress hatte Röttgen sich wegen der Witterungsbedingungen auf die Reise gemacht, um ein politisches Beruhigungsmanöver zu wagen: Weil die Bundesregierung gerade erst die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängert und die Erkundungen im umstrittenen Gorlebener Salzstock wieder aufgenommen hat, sind die Bürger im Wendland empört.
Bei seinem Besuch bemühte sich Röttgen nun um Annäherung und sprach im Wendland von einer "Bringschuld" des Staates, der sich nach und nach wieder das Vertrauen der Menschen erarbeiten müsse. Das ist für die Wendländer nur Gerede: "Wer vorher Fakten schafft und dann zum Reden kommt, kann doch nicht ernsthaft dialogbereit sein", sagte die Vorsitzende der atomkritischen Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, Kerstin Rudek, der taz. Sie und zahlreiche andere Initiativen und Organisationen nahmen daher die Gesprächseinladung des Ministers nicht an.
Nur einer der Wortführer des Gorleben-Widerstandes wollte den Minister am frühen Abend nach Redaktionsschluss dann doch noch empfangen: Andreas Graf von Bernstorff, dessen Familie viele der Ländereien über dem begehrten Salzstock besitzt und sich trotz millionenschwerer Kaufangebote seitens des Staates seit über 30 Jahren weigert, das Land zu veräußern. Röttgen erwägt, die Familie zu enteignen. Ganz im Sinne eines neuen Dialogs.
Leser*innenkommentare
Axel
Gast
Ohne das Schlichtungsverfahren von Stuttgart 21 wäre Herr Röttgen doch nie auf einen solchen Vorschlag gekommen. Das ist reiner Populismus. Genau wie in Stuttgart, ist es für Gorleben sowieso viel zu spät für nett gemeinte Angebote der Mitbestimmung. Die Castoren müssen noch ca. 30 Jahre oberirdisch abkühlen. Solange hätte man also noch Zeit, ernsthaft nach besser geeigneten Standorten für ein Endlager zu suchen und diese nach ATOMRECHT auszubauen.
vic
Gast
Die Machthaber suchen den Dialog - nachdem GFakten geschaffen und beschlossen wurden.
Laufzeitverlängerung, Gorleben, Majak, Stuttgart-21.
Diese Post-Dialoge können sie selbst suchen.