: „Risiko“Siemens aus dem WAP bezahlt
■ Vierter Anlauf des Senats zu Beschluß über Siemens-Hochhaus
Den Bremer Senat quält ein Problem: Seit Anfang des Jahres 1996 könnte Siemens auf dem eigens für den Konzern im Technologiepark Universität bereitgehaltenen Grundstück bauen, aber nichts passiert. Der Siemens-Konzern hat sichtlich Zeit. Daß die Service-Abteilungen unwirtschaftlich über mehrer Standorte verstreut seien, das war nämlich 1987 einmal richtig, als die Verhandlungen zwischen Senat und Siemens begannen.
Es stimmt heute längst nicht mehr: Von 1200 hat der Konzern seine Mitarbeiterzahl auf 960 reduziert, und die sollen schlicht umziehen. Mindestens 10 Millionen würde eine Sanierung des überalterten Siemens-Hochhauses den Konzern kosten, „Es ist nicht mehr zeitgemäß“sagt Konzernsprecher Panthen. Daß der Konzern weggeht aus Bremen, ist weniger zu befürchten: Bremen ist ein lukrativer Auftraggeber.
Siemens würde deshalb gern in einen modernen Neubau umziehen, 25-30 Millionen würde der Bau die Immobilien-Tochter des Konzerns kosten. Das käme den Konzern unter dem Strich nicht teurer als eine Sanierung des Altbaus, wenn beim Verkauf des Altbaus 19 Millionen in die Kasse kämen. Da der Bremer Siemens-Service die Region zwischen Rotenburg und Emden bedient, wäre die Autobahnnähe des Technologieparks sogar von Vorteil.
Am kommenden Dienstag macht der Senat nun seit dem Herbst 1996 seinen dritten Anlauf, die Sache zu entscheiden. Daß der Wirtschaftssenator seit Monaten mit falschen Zahlen argumentiert, nämlich mit denen von 1987, war nie das Problem. Ungeklärt war die Frage: Was tun mit dem Siemens-Hochhaus? Es werde „zum Verkehrswert“gekauft, schwört der Finanzsenator, aber 19 Millionen wollte auf dem freien Markt niemand dafür geben. Und der Senat selbst rechnet mit Umbaukosten von ca. 15 Millionen – die Miete müßte schon bei durchschnittlich 25 Mark pro Quadratemeter über alle Etagen liegen, damit sich das rechnet. Für solche Mieten wird nicht einmal ein Neubau auf dem Bahnhofsvorplatz voll.
Also müssen Baubehörden, die offiziell zum kostenbewußten Denken und zu dezentraler Verantwortung gemahnt werden, zu einem unsinnigen teuren Umzug verdonnert werden, dachte der Finanzsenator im Herbst (vgl. taz 25.11.96). Doch der Bausenator fand das nicht so gut. Im Januar schlug der Bausenator Bremens vor, doch noch einmal einen Verkaufsversuch zu unternehmen. Das fand der Wirtschaftssenator nicht so gut, hätte sich doch vielleicht ein Hinweis auf den Marktwert ergeben. Die Bildungssenatorin, die im Siemens-Hochhaus gern Volkshochschule, Zentral-Bibliothek und anderes konzentriert hätte, soll das Gebäude nicht bekommen.
Der nachgereichte Kompromiß für den vierten Anlauf: „Etwaige Finanzierungsrisiken bezüglich der erwarteten Einnahmen werden aus dem WAP“bezahlt, also aus Bremens „Wirtschaftspolitisches-Aktions-Programm“. K.W.
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