: Ringen um Millionen-Auftrag für S-Bahn
■ Erneuerung von S-Bahn-Fuhrpark könnte Tausende von Arbeitsplätzen kosten
Ein noch nicht entschiedener Großauftrag der Deutschen Bahnen zur Erneuerung des S-Bahn- Fuhrparks hat in der Berliner Region Befürchtungen über einen Verlust Tausender Arbeitsplätze ausgelöst. Die brandenburgische Regierung wandte sich gestern gegen eine ausschließliche Berücksichtigung der Deutschen Waggonbau AG (DWA/Berlin) für die erste Tranche von 100 S-Bahn-Zügen im Volumen von 470 Millionen DM. Der weit über den Berliner Bedarf hinausgehende Gesamtauftrag kann letztendlich ein Volumen von 2,6 Mrd. DM erreichen.
Der stellvertretende Potsdamer Regierungssprecher Jürgen Simmer sagte, die Bundesregierung schaue allein auf den Treuhand- Betrieb DWA, dessen Werk in Ammendorf damit ausgelastet würde. Potsdam wünsche die Auftragsvergabe an die AEG Hennigsdorf mit einem vertraglich zugesicherten Anteil von bis zu 50 Prozent für die DWA. Berlins Wirtschaftssenator Norbert Meisner (SPD) sagte, er würde eine alleinige Vergabe des ersten Auftrages über 100 Züge an die DWA für „sehr unglücklich halten“. Die Gelder kämen aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz für Berlin und müßten auch der Region zugute kommen. Er habe nichts gegen eine Beteiligung der DWA. Dazu müsse aber die Verpflichtung zur Bildung von Arbeitsgemeinschaften mit ABB und AEG gehören.
Die Deutschen Bahnen erklärten, die DWA habe von drei Bewerbern das günstigste Angebot unterbreitet. Sie könnte Generalauftragnehmer werden, andere sollten aber daran partizipieren. Modell könne die Vergabe des ICE-Auftrags an Siemens sein, wobei eine Beteilung der DWA sichergestellt worden sei. Die IG Metall warnte vor einer Gefährdung der AEG-Betriebe in Berlin und Brandenburg. Bei der AEG Hennigsdorf , die früher bereits neue S-Bahn-Züge für die Reichsbahn lieferte, wollte man sich „nicht an der öffentlichen Diskussion beteiligen“. Sollte überhaupt keine Einbindung in das Auftragspaket erfolgen, könnten für die über 3.000 Beschäftigten Kurzarbeit und Entlassungen anstehen, hieß es lediglich.
Die IG Metall Berlin und Oranienburg forderte, die Aufträge auf alle S-Bahn-Hersteller aufzuteilen. Der Auftrag über 470 Millionen DM sollte an einen Generalübernehmer vergeben werden, heißt es in einem Schreiben an die Regierungschefs Eberhard Diepgen (CDU) und Manfred Stolpe (SPD). Dies müsse mit der Auflage verbunden sein, die AEG- Schienenfahrzeuge GmbH in Hennigsdorf, die ABB-Waggonunion, die AEG Westinghouse GmbH, die DWA sowie Siemens Berlin „vertraglich gleichrangig einzubinden“. dpa
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