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Richterin wird übernommen — Staatsanwalt beendet Verfahren

Berlin. Die Ostberliner Richterin Cathrin Junge kann nun endlich in den Berliner Justizdienst übernommen werden. Der Senat hat in seiner gestrigen Sitzung festgestellt, daß einer Anstellung auf Probe nichts mehr im Wege stehe, nachdem bereits letzte Woche die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Frau Junge eingestellt hat. Dieses Ermittlungsverfahren war im Februar eingeleitet worden, weil Frau Junge in der ehemaligen DDR an einem Haftbefehl wegen Republikflucht mitgewirkt hatte. Die Staatsanwaltschaft stellte nun fest, daß sie sich durch ihr damaliges Handeln nicht der Rechtsbeugung schuldig gemacht habe, da ihr ein Vorsatz nicht nachweisbar sei. Die Staatsanwaltschaft prüfte dabei nicht, ob auch objektiv Recht gebeugt wurde, ob also mit dem Republikfluchtparagraphen Gesetze angewendet wurden, die gegen höheres Recht verstoßen.

Der Senat hatte Ende Februar beschlossen, daß er dem Votum des Richterwahlausschusses folgen und Frau Junge für den Justizdienst ernennen werde, »sofern das gegen sie eingeleitete Verfahren eingestellt wird oder mit Freispruch endet«. Diese Voraussetzung ist nun erfüllt. Damit endet eine der heftigsten Auseinandersetzungen zwischen den Koalitionsparteien, aber auch zwischen dem Senat und der Justiz. Nachdem sie im Herbst letzten Jahres bereits vom Richterwahlausschuß nominiert worden war, war Frau Junge bei der CDU auf Ablehnung gestoßen, weil sie angeblich Mitglied der PDS war. Die CDU- Mehrheit im Senat weigerte sich, ihre Ernennung zur Richterin auf Probe vorzunehmen und düpierte damit das Richterwahlgremium, das sich in seiner Kompetenz degradiert sah. Als endlich zwischen SPD und CDU ein Kompromiß gefunden wurde, erstatte ein Rechtsanwalt die Anzeige wegen Rechtsbeugung und löste damit die Überprüfung durch die Staatsanwaltschaft aus. Frau Junge hat ihre Bewerbung bis heute aufrechterhalten. Sie wird nun am Landgericht für Zivilsachen tätig sein. Dort wird sie zunächst drei Jahre auf Probe arbeiten. Dr

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