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Richter und Staatsanwälte fordern Verfassungsklage gegen Asylgesetz

Berlin (taz) - Die in der ÖTV organisierten Richter und Staatsanwälte halten das am 13. November im Bundestag verabschiedete Asylverfahrensgesetz in weiten Teilen für verfassungswidrig und sehen eine Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht für geboten an. Das geht aus einer Erklärung hervor, die die ÖTV–Richter jetzt in Stuttgart veröffentlichten. Die Erklärung der Richter und Staatsanwälte ist nicht zuletzt ein Wink an sozialdemokratische und Grüne Politiker, von ihrer Möglichkeit eines Normenkontrollantrags gegen das umstrittene Gesetz Gebrauch zu machen.Laut Bundesverfassungsgerichtsgesetz kann schon ein Drittel der Bundestagsabgeordneten oder eine Bundesregierung mit einem solchen Normenkontrollantrag eine verfassungsrechtliche Überprüfung in Karlsruhe erzwingen. Für verfassungswidrig halten die ÖTV–Richter und Staatsanwälte u.a. die im Gesetz festgelegte „gezielte Schaffung von Anreisehindernissen“ für Asylbewerber wie z.B. den Visumszwang und die Sanktionsandrohungen gegen Fluggesellschaften, die Flüchtlinge ohne Visum in die Bundesrepublik transportieren. Asylbewerber, so stellen die Richter und Staatsanwälte ausdrücklich fest, bedürfen keines Sichtvermerks. Für verfassungswidrig beurteilen die Juristen auch die Steichung der sogenannten Nachfluchtgründe und den Paragraphen, daß Asylbewerber abgewiesen werden können, wenn sie vor ihrer Ankunft in der Bundesrepublik schon in einem Drittland Verfolgungsschutz bekommen haben. Insgesamt, so urteilen die ÖTV–Juristen, wurden beim Asylverfahrensgesetz „unter dem Deckmantel der Änderung des Asylverfahrens, inhaltliche Änderungen vorgenommen, die eine Zumutung für die an die Verfassung gebundenen Asylrichter bedeuten.“

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