: Richter gegen Frauen
■ Bremer Richter prozessiert ausdauernd gegen Frauen-Förderung im öffentlichen Dienst / Jüngste Niederlage letzte Woche / Sympathie bei vielen Richter-Kollegen
Uwe Jordan, Richer am Landgericht Bremen, will „Vorsitzender Richter“ werden und dabei nicht gegenüber weiblicher Konkurrenz zurückstehen. Wenn die Stelle des Vorsitzenden der sechsten Zivilkammer des Landgerichts besetzt wird, dann soll die Frauenförderlinie des Bremer Senats nicht angewendet werden. Das wollte Jordan - nun schon zum zweiten Mal - mit einer „Einstweiligen Anordnung“ durchsetzen. In der letzten Woche entschied das Bremer Oberverwaltungsgericht: Abgelehnt.
Die frauenfreundliche „Verwaltungsvorschrift“ aus dem Jahre 1984 besagt, daß bei gleich qualifizierten BerwerberInnen auf ein Amt im öffentlichen
Dienst die Frau vorzuziehen ist. Schon letztes Jahr hatte Jordan einen Prozeß gegen diese Vorschrift verloren. (s. taz vom 12. 12. 87) Das Argument der Verwaltungsrichter damals: Jordan hatte bei seiner Bewerbung keine weibliche Konkurrentin. Außerdem verstoße die Frauen-Förder-Richtlinie des Senats nicht gegen den Art. 3 des Grundgesetzes (Gleichberechtigungsgebot). Zwar schütze dieser Artikel auch Männer vor Benachteiligung, innerhalb bestimmter Grenzen aber seien Maßnahmen erlaubt, die Frauen bei Einstellung und Beförderung gezielt berücksichtigen.
Gegen dieses Urteil hat Jordan schon im Januar Berufung zum Bremer Oberverwaltungsgericht
eingelegt. Allerdings bis heute ohne Begründung. Das kreideten ihm jetzt seine Kollegen vom Oberverwaltungsgericht an: Er habe „das Seine zur Beschleunigung des Hauptverfahrens“ nicht beigetragen.
Den Posten, um den es jetzt geht, bekleidet Jordan zur Zeit kommissarisch. Er ist schon seit Jahren stellvertretender Vorsitzender der sechsten Zivilkammer. Der frühere Vorsitzende der Kammer ist bereits wegbefördert. Und: Unter den Bewerbern für das vakante Amt ist eine Frau. Deshalb startete Jordan seinen zweiten Versuch vor dem Oberverwaltungsgericht. Außerdem: Wenn die Richterin den Posten bekäme, wäre sie Jordans Vorge
setzte. Wer den Posten nun bekommt, das wird schon Mitte des Monats enschieden.
Jordans Ansicht nach müssen „die jetzt lebenden Männer“ die Frauenförderung „ausbaden“. Wenn ein Verhältnis 1:1 im öffentlichen Dienst angestrebt werde, dann liefe das auf einen Einstellungs- und Beförderungsstopp für Männer hinaus. Jordan gestern zur taz: „Das müßte mal höchstrichterlich entschieden werden.“ Daß er nun schon mehrere gerichtliche Auseinandersetzungen verloren hat, stört Jordan wenig: „Viele haben schon verloren und in letzter Instanz gewonnen.“ Im Kreise seiner Kollegen fände sein Streben Zustimmung.
mw
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