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Richter "befangen"Prozess gegen Wilders geplatzt

Das Verfahren gegen den niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders ist geplatzt. Die Richter seien befangen, so Wilders Anwalt. Nun muss der Prozess neu aufgerollt werden.

Ist beleidigt über das "enorme Chaos": Geert Wilders. Bild: dpa

AMSTERDAM taz | Es sollte der letzte Sitzungstag werden im Volksverhetzungsprozess gegen Geert Wilders. Im Rahmen des "letzten Wortes", das dem Angeklagten vor der Urteilsverkündung zusteht, wollte der umstrittene Islamgegner sogar sein Schweigen brechen, das er seit Beginn des Hauptverfahrens zu Beginn des Monats hartnäckig durchgehalten hatte.

Am Mittag sprach Wilders tatsächlich: "Ich frage mich, in was für einem Zirkus ich gelandet bin. Ein Ratsherr, dessen Gerichtshof meine Verfolgung befahl, hat probiert, einen Zeugen zu beeinflussen. Ich finde es ein enormes Chaos. Geben Sie mir neue Richter!" Wenige Stunden später beschloss die Ablehnungskammer eben diesen Schritt. Zuvor hatte Wilders Anwalt Bram Moszkowicz einen Befangenheitsantrag gegen die behandelnden Richter unter Leitung des Vorsitzenden Jan Moors eingereicht.

Der Grund dafür, dass der international mit großem Interesse verfolgte Prozess auf der Zielgeraden eine solche Dramatik bekam, wurde am späten Donnerstagabend bekannt, liegt aber fünf Monate zurück: im Mai wurde der Arabist Hans Jansen, ein islamkritischer Wissenschaftler, den Wilders als Zeugen berufen hatte, von einem Freund zu einem privaten Abendessen eingeladen. Drei Tage später war Jansen zwecks Zeugenaussage vorgeladen. Unter den anwesenden Gästen befand sich auch Tom Schalken, einer der Ratsherren des Gerichtshofs. Im Verlauf des Abends, so Jansen, habe Schalken mehrmals das Gespräch auf den Wilders-Prozess gelenkt und versucht, ihn von der Richtigkeit einer Strafverfolgung zu überzeugen.

Schalken wiederum war 2009 bei der Entscheidung des Gerichtshofs beteiligt, Wilders auch entgegen eines Beschlusses der Staatsanwaltschaft für seine Aussprüche über den Islam, Muslime und "nicht-westliche Ausländer" den Prozess zu machen. Unter anderem geht es um die Forderung, den Koran zu verbieten, den Vergleich des Korans mit "Mein Kampf" und des Islams mit dem Faschismus. Auch Wilders Vorschläge, die Grenzen für Muslime zu schließen und "viele" abzuschieben, taucht in der Anklageschrift auf. Geklagt hatten Dutzende Einzelpersonen sowie muslimische und antirassistische Organisationen.

Am Freitag forderte Verteidiger Bram Moszkowicz das Gericht dazu auf, den Zeugen erneut zu verhören. Der Gerichtshof lehnte dies ab, worauf Moszkowicz einen Befangenheitsantrag stellte. Moszkowicz hatte bereits bei seinem Abschlussplädoyer am Dienstag gesagt, dass Wilders ein ehrlicher Prozess verweigert werde. Dieser "Makel" würde dem Prozess bei einer Verurteilung immer anhängen. Moszkowicz hatte seine Anschuldigung damit unterlegt, dass die Anklageschrift die Schuld seines Mandanten bereits suggeriere und damit das Prinzip der Unschuldsvermutung verletze. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor Freispruch gefordert.

Die Hintergründe des Verfahrens hatten in den Niederlanden in letzter Zeit erneut zu Spekulationen geführt. Anfang Oktober hatte die – deutlich pro Wilders-gesinnte – Tageszeitung De Telegraaf von einem Email-Verkehr zwischen dem ehemaligen Justizminister Ernst Hirsch Ballin und der Staatsanwaltschaft berichtet. Dabei hätte sich der Minister 2008 deutlich für eine Strafverfolgung ausgesprochen. Wilders lässt seither keine Gelegenheit ungenützt, von einem politischen Prozess zu sprechen. Sein Anwalt zog den Schluss, dass "eine deutliche politische Motivation vorliegt." Auch zahlreiche politische Gegner Wilders stehen dem Prozess inzwischen kritisch gegenüber.

Bevor dieser nun neu beginnt, werden einige Monate verstreichen. Sicher ist nur, dass dieser gemäß Wilders mit "neuen Richtern" stattfindet. Wilders kündigte am Freitag an, seinerseits Anzeige gegen den Ratsherren Tom Schalken zu stellen. Der Zeuge Hans Jansen erklärte indes, Schalken habe nicht versucht ihn zu beeinflussen.

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14 Kommentare

 / 
  • TL
    taz Leser

    Warum setzt der Autor den Begriff "befangen" in Anführungszeichen, die Begriffe "Volksverhetzung" und "Rechtspopulist" dagegen nicht?

     

    Ich habe den Eindruck, dem Autor geht es um Stimmungsmache gegen den Politiker Geert Wilders und nicht primär um objektiven Journalismus.

  • R
    Rechtsstaat

    Egal wie man nun zu Wilders steht.

     

    Er und auch die Holländer haben ein RECHT auf einen anständigen Prozess.

  • D
    denninger

    Lieber Tobias,

    vielleicht solltest Du Dich einmal wieder an das journalistische Gebot der Sachlichkeit erinnern.

    Nicht der Anwalt des Angeklagten entschied über die Befangenheit der Richter sondern eine Kammer. Und, wenn man die niederländische Justiz einmal als dem Recht verpflichtet ansieht, kannst Du Dir den Konjunktiv auch sparen, da es nach eben dieser Entscheidung eine Befangenheit der Richter gibt.

    Sorry, aber Dein Stil erinnert mich sehr an die "Artikel" Deiner Kollegen in den Boulevardzeitungen. Diesen gleicht sich die taz mit ihren Überschriften immer mehr an, aber wenigstens sollte der Inhalt eine gewisse Qualität aufweisen.

  • JT
    Jochen Trebmann

    Wieso setzt Ihr: RICHTER "BEFANGEN", das "BEFANGEN" in Anführungszeichen?

     

    Nimmt es die taz mit der Rechtsstaatlichkeit etwa nicht so genau?

  • TB
    Thomas Buck

    Die Neutralitaet/Qualitaet dieses Artikels wird deutlich, wenn wenn man zwei Abschnitte gegenueberstellt:

     

    (1) "Im Verlauf des Abends, so **Jansen**, habe Schalken mehrmals das Gespräch auf den Wilders-Prozess gelenkt und versucht, ihn von der Richtigkeit einer Strafverfolgung zu überzeugen."

     

    (2) "Der Zeuge Hans Jansen erklärte indes, Schalken habe nicht versucht ihn zu beeinflussen."

     

    Da war wohl eher Tobias Mueller's Wunsch Vater des Gedanken.

     

    Wieviel ist mir diese Propaganda wert? Nichts.

  • H
    hessebub

    Warum "befangen" in Gansefüßchen?

  • B
    Berthold

    Beim Blick auf die vielen mörderischen Gewalttaten im Nahen Osten, die wie im Dreißigjährigen Krieg immer stark durch sog. "Rückbindung" (="Religion") gerechtfertigt werden, stellt sich die Frage, ob es nicht Aufgabe des Parlaments wäre, Gutachten darüber erstellen zu lassen, ob religiöse Schriften, soweit sie noch immer von einigen Personen oder Gruppen für politisches Handeln als Anleitung benutzt werden, mit den heutigen Gesetzen übereinstimmen.

     

    Ich will sagen: Das sollte ein selbstverständliche Aufgabe des gesamten Parlaments sein, das doch Gesetzgeber sein will und sich nicht von irgendwelchen alten dubiosen Religionsschriften in seiner Souveränität unterminieren lassen sollte.

     

    Es ist doch schrecklich, wenn nur ein einziger Abgeordneter sich um diese Probleme kümmert und dann obendrein diskriminiert und kriminalisiert wird.

     

    Das Platzen dieses sonderbaren Prozesses deutet darauf hin, dass bei den Richtern eine solche Erkenntnis zu dämmern beginnt.

  • L
    Leo

    Erstaunlich objektiver Bericht über die Hintergründe. Man hätte den Artikel aber durchaus auch mit mit "Justizskandal" überschreiben können.

  • DD
    dirt diver

    Der ganze Przessgegen Wilders war doch von Anfang an eine Farce. Will man ihm noch mehr Stimmen zukommen lassen bei den nächsten Wahlen, soll man nur so weitermachen. Wahrscheinlich wird Wilder spätestens bei den nächsten Wahlen zum Ministerpräsidenten. gewählt. Wundern würde mich das nach dieser Lachnummer von Justizwillkür nicht mehr.

  • MD
    Maren Diebenow

    Sie schreiben:

     

    "Der Zeuge Hans Jansen erklärte indes, Schalken habe nicht versucht ihn zu beeinflussen.2

     

    Ich wäre für die Bekanntgabe der Quelle zu dieser Erklärung Jansens sehr dankbar.

  • EP
    el presidente

    Politische Prozesse sind immer Blödsinn.

    Egal wie sie ausgehen.

    Der Sieger ist immer der Angeklagte.

    Der Verlierer ist immer die Justiz.

     

    Südamerika macht das seit Pizarro bis Chavez.

  • A
    atypixx

    Schon beschämend, wenn unter dem Deckmäntelchen der Korrektheit ein Prozess geführt wird, der in einer Bananenrepublik nicht viel anders ablaufen würde. Und, das steht hier in einem Sätzchen recht versteckt: Die Staatsanwaltschaft hat Freispruch für Wilders gefordert? Ist ja eine recht erhebliche Information, die hier im Text vergraben wurde.

  • MS
    Martin Seeliger

    Wenn man an die Zeiten des Radikalenerlasses denkt, wo Leute wegen Mitgliedschaft in der DKP nicht Lokführer oder Postbote werden konnten, so ist es befremdlich, warum Verfassungsgerichte, seien sie in den Niederlanden oder in Deutschland, noch nicht förmlich und von Amts wegen geprüft haben, ob der Koran mit der Verfassung vereinbar ist und was von Leuten zu halten ist, die einen solchen alten kultischen Text nicht als historisch betrachten, sondern als politisches Programm für die Gegenwart.

     

    Immerhin dürfte das DKP-Programm dem Grundgesetz oder der niederländischen Verfassung bei allen Widersprüchen immer noch viel näher stehen als der Koran.

     

    Warum wird mit zweierlei Maß gemessen? Warum überlässt man die Prüfung des Koran einem einzelnen Politiker wie Geert Wilders? Vielleicht aber ist das niederländische Gericht allmählich darauf gekommen, dass es selber schuldig ist, wenn es den Koran nicht von sich aus überprüft. Und hoffentlich nimmt sich das Verfassungsgericht in Karlsruhe den Koran bald genauso vor wie das Programm der von ihm verbotenen KPD oder dasjenige der DKP.

  • V
    vic

    Wilders ist geplatzt? Super!

    Ach so- nur der Prozess. Mist.