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Richter allein bringen nichts vom Tisch

■ Aktenstau beim Landesarbeitsgericht/ Neben Richtern fehlen Beschäftigte aus dem mittleren und höheren Dienst/ Bearbeitungszeiten werden länger/ Senatsbeschluß für mehr Stellen steht noch aus

Berlin. Beim Landesarbeitsgericht herrscht Aktenstau: Den Rekord einer drei- bis viermonatigen Bearbeitungszeit ihrer Fälle wird das Gericht in Zukunft nicht mehr einhalten können. Denn neben 5.000 anhängigen Verfahren in West-Berlin übernahm es zusätzlich mehr als 7.500 laufende Verfahren aus dem Ostteil der Stadt. Für den einzelnen Arbeitsrichter, der bislang jährlich rund 500 Fälle bearbeitet, kommen dadurch auf einen Schlag etwa 200 Fälle hinzu. Arbeitsverfahren haben bislang eindeutig Priorität — die Mehrbelastung der Richter könnte die Bearbeitung der einzelnen Fälle jedoch um gut vier bis sechs Monate verzögern. Das Landesarbeitsgericht fordert deshalb mindestens 25 zusätzliche Richterstellen.

Mehr Richter, so der Präsident des Landesarbeitsgerichts, Klaus Tischmeyer, gegenüber der taz, »bringen allein aber auch nichts vom Tisch«. Was zusätzlich fehle, seien Protokollführer und Schreibkräfte, »eben Leute, die den Lauf der Akten begleiten, bearbeiten und ordnen«. Im Gegensatz zu den 15 bislang mit Arbeitsrecht beschäftigten Ostberliner Richtern, die mittlerweile nicht mehr im Amt sind und erst nach Passieren des Richterwahlausschusses möglicherweise übernommen werden, könne man »eine gewisse Zahl« von Beschäftigten aus dem mittleren und gehobenen Dienst durchaus übernehmen. Da aber hat bislang die Justiz den Daumen drauf — obwohl das Arbeitsgericht, das der Senatsverwaltung für Arbeit untersteht, nach Auskunft seines Präsidenten zur Zeit einen so hohen Aktenbestand zu bearbeiten habe wie keine andere Gerichtsbarkeit. Das wiederum wirft die Raumfrage auf: Die Vergabe von Ostberliner Justizgebäuden an das Landesarbeitsgericht ist ungeklärt.

Der Aktenberg wird weiter anwachsen, sprunghaft womöglich ab Dezember: Dann nämlich tritt die DDR-Sonderregelung zur Null- Kurzarbeit außer Kraft. Arbeitsrichter Striedel: »Es ist mit einer riesigen Kündigungswelle zu rechnen« — und mit erheblichen Klagen dagegen. Auch die gestern vom Senat beschlossene vorübergehende Abweichung vom Fachkammerprinzip für Ostberliner Verfahren kann den so entstehenden Mehraufwand nicht abwenden, sondern lediglich auf alle Richter besser verteilen.

Für die SPD-Fraktion hat nach Angaben ihrer arbeitspolitischen Sprecherin, Elga Kampfhenkel, das Landesarbeitsgericht bei der Stellenbesetzung »absolute Priorität«. Über genauere Zahlen habe man sich jedoch nicht verständigt. Das geschieht zur Zeit in Verhandlungen zwischen Arbeits- und Innenverwaltung, die laut dem zuständigen Referatsleiter in der Arbeitsverwaltung, Weigand, kurz vor dem Ende stehen. Mit dem Ergebnis befaßt sich kommende Woche der Hauptausschuß. maz

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