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Richard Rother über den neuen Chef der Deutschen BahnKeine schlechte Wahl

Diesen Mann kennen bislang nur Bahn- und Börsenexperten: Richard Lutz, langjähriger Finanzvorstand der Deutschen Bahn AG. Nachdem Bahnchef Rüdiger Grube im Januar zurückgetreten war, übernahm Lutz kommissarisch den Chefposten beim bundeseigenen Mobilitätsunternehmen. Jetzt soll er regulär Boss der Bahn werden. Das ist keine schlechte Wahl. Zumal sie bedeutet, dass der Bahn ein politischer Konzernlenker, nämlich Exkanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU), erspart bleibt.

Lutz kennt den gesamten Konzern aus dem Effeff: Beeindruckend ist, wie er auf Bilanzpräsentationen Nachfragen zu Details in den Geschäftszahlen von kleinen Tochterunternehmen präzise beantwortet, ohne in Unterlagen gucken zu müssen. Aber hat er auch verkehrspolitische Visionen, um als oberster Lokführer richtig loszulegen, fragen Kritiker besorgt.

Sie sollten Lutz, den strategisches Denken und taktisches Geschick auszeichnen, eine Chance geben. Wer jahrelang über Umsätze und Gewinne herrscht, weiß, worauf es ankommt: Die Bahn braucht mehr Kunden, und sie braucht zufriedene Kunden, und zwar im Fern-, Nah- und Güterverkehr. Dafür braucht es bessere Angebote, mehr Komfort, mehr Pünktlichkeit, mehr Zuverlässigkeit, mehr Flexibilität. Der letzte Visionär bei der Bahn, Hartmut Mehdorn, jedenfalls hatte dies sträflich vernachlässigt und mit seinem auf einen Börsengang fixierten Sparkurs einen Schaden angerichtet, unter dem der Konzern noch heute leidet.

Lutz’Herausforderungen sind groß, insbesondere im Fernverkehr, wo der Bahn die Fernbusse Konkurrenz machen. Aber die Bahn braucht sich nicht zu verstecken: Der Streik an den Berliner Flughäfen hat gerade gezeigt, dass sie Kapazitäten hat, um einen plötzlichen Kundenansturm zu bewältigen. Und wenn die Bahn im Dezember die ICE-Neubaustrecke München–Berlin in Betrieb nimmt, wird sie den Fluggesellschaften Kunden abjagen. Nicht nur bei Streiks.

Wirtschaft + Umwelt

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