■ Vorschlag: Rhythmus in der Seele – die Reality Brothers im Loft
Manchmal geschehen auch in Berlin Zeichen und Wunder. Nicht gerade gesegnet mit guten, interessanten oder gar wegweisenden Pop-Produktionen, hatte die Stadt vor gut zwei Jahren einen der seltenen Momente, der sie aus ihrer gewohnten (Pop)-Lethargie riß. Die Reality Brothers rockten seinerzeit das Haus mit einem gelungenen Crossover aus HipHop, Soul, Reggae und Jazz.
Heiß, brodelnd und groovy hießen die Eigenschaften, die man der Band am liebsten zuschrieb – was nicht zuletzt daran lag, daß ihre – zeitweilig acht – Mitglieder in den unterschiedlichsten Ländern geboren waren. Ihr Sound kam gut, war spaßig und ausgelassen, und freundlich grüßten Bands wie Arrested Development und Digable Plantes. Allerdings stand das Mitdenken von sozialen Hintergründen nicht unbedingt auf dem Masterplan. Mit ein bißchen Boshaftigkeit konnte man die Band so auch verurteilen für ihre Melange, die teilweise auf die bloße Einrichtungsqualität der verschiedenen Stile heruntergestimmt war und sicher am treffendsten die Fraktion der Cocktail- und Cappuccino-Nipper bediente.
Etwas verwunderlich war es, daß man von den Reality Brothers dann lange Zeit nichts mehr hörte. Der Grund: Die Spanne zwischen den wahrlich guten und ausverkauften Shows in der Republik und den tatsächlichen Plattenverkäufen war so groß, daß ihre (Major-)
Plattenfirma sie droppte und die Band daraufhin an den unterschiedlichen Zielvorstellungen der einzelnen Mitglieder beinahe zerbrochen wäre. Der Amerikaner Tom Re, zuständig für die Beats, die holländische Sängerin Davy und der ghanaische Toaster und Percussionspieler Ekow machten jedoch weiter und komplettierten sich zusätzlich mit Ganesha, Tochter einer Deutschen und eines Ceylonesen, die auf „Lowlife“, dem Debüt der Band, schon eine rappende Gastrolle innehatte. Wenn man bedenkt, daß in den letzten Jahren auf dem Sektor der Dance-Musik einiges in Bewegung geraten ist, erinnert sei an TripHop und Drum&Bass, dann scheinen die reformierten Reality Brothers in diesem Jahr ihre Roots und Zukunft auf einen stringenten und weniger eklektizistischen Nenner bringen zu können. Den Rhythmus in der Seele soll man wie gewohnt fühlen können, und die Lyrics stehen unter dem altbekannten unverbindlichen Party- und Come-together-Diktat. Gerrit Bartels
Am So., 1.12., im Loft, Nollendorfplatz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen