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Archiv-Artikel

Revoluzzer in der Zelle

Keine Gnade für die Mitglieder der „Revolutionären Zellen“. Bundesgerichtshof verwirft Revisionsantrag

KARLSRUHE dpa ■ Das vorerst letzte Urteil gegen ein Mitglied der Terrorvereinigung „Revolutionäre Zellen“ ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe verwarf gestern die Revision eines Mitglieds der vor allem in den 70er- und 80er-Jahren aktiven Terrorgruppe.

Der Mann war im März 2004 vom Kammergericht Berlin unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Die Verteidigung hatte geltend gemacht, ihr Mandant sei in dem Berliner Prozess zeitweise ohne Anwalt gewesen, was gegen Verfahrensgrundsätze verstoße. Der BGH verwarf diese Rüge.

Die als linksextremistisch eingestufte Gruppe hat nach Angaben der Bundesanwaltschaft bis zu ihrer Auflösung Anfang der 90er-Jahre bundesweit 186 Anschläge verübt. Auf das Konto der Berliner Gruppe der „Revolutionären Zellen“ gehen Attentate auf den damaligen Leiter der Berliner Ausländerbehörde im Jahr 1986 und auf einen Bundesverwaltungsrichter im Jahr 1987 – beide wurden mit Schüssen in die Beine verletzt. Hinzu kommen Anschläge auf die Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber (1987) und die Berliner Siegessäule (1991).

Die Urteile gegen die vier Mitangeklagten aus dem Berliner Prozess sind bereits abgeschlossen. Der als Rädelsführer verurteilte Rudolf Schindler hatte ein Teilgeständnis abgelegt und das auf drei Jahre und neun Monate lautende Urteil akzeptiert. Seine zur gleichen Strafe verurteilte Frau Sabine Eckle war Ende Juni mit ihrer Revision gescheitert.

Die „Revolutionäre Zelle“, wie sie sich anfangs noch im Singular nannte, gründete sich Anfang der 70er-Jahre in der radikalisierten linken Szene, in der man sich kritisch mit der RAF auseinandersetzte, weil „Unbeteiligte“ Opfer von Anschlägen geworden waren. Die RZ-Terroristen verstanden sich als Sozialrevolutionäre, ihre Ziele waren staatliche, industrielle und militärische Institutionen. Die Strategie: Autonome Zellen mit drei bis fünf Mitgliedern sollten unabhängig voneinander agieren. „Was wir wollen, ist die Gegenmacht in kleinen Kernen zu organisieren … Wenn wir ganz viele Kerne sind, ist die Stoßrichtung für die Stadtguerilla als Massenperspektive geschaffen“, formulierten die RZ 1975.