"Revolutionäre Zellen"-Prozess: Bewährung für "Knieschussattentate"
Ein mutmaßliches Ex-Mitglied der "Revolutionären Zellen" steht vor Gericht. Nun fordert die Staatsanwaltschaft zwei Jahre Haft auf Bewährung für den 60-Jährigen.
STUTTGART ddp/dpa Im Stuttgarter Prozess gegen ein mutmaßliches ehemaliges Führungsmitglied der linksextremistischen Terrorgruppe Revolutionäre Zellen (RZ) hat die Bundesanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung beantragt. Nach Auffassung des Vertreters der Anklagebehörde hat sich der Angeklagte der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung schuldig gemacht, wie das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart am Donnerstag nach Abschluss der Beweisaufnahme mitteilte. Die Verteidigung stellte in ihrem Plädoyer keinen konkreten Strafantrag. Das Urteil wird am 19.Februar verkündet.
Dem heute als IT-Administrator beschäftigten Angeklagten wird vorgeworfen, der Terrorgruppe von 1976 bis 1994 angehört zu haben. Ab 1983/84 soll er eine der dominierenden Persönlichkeiten der RZ gewesen sein und vor allem auf die Berliner RZ einen bestimmenden Einfluss ausgeübt haben.
Die Bundesanwaltschaft legt dem Angeklagten zur Last, sich für sogenannte Knieschussattentate auf Führungspersönlichkeiten in Justiz und Verwaltung eingesetzt und an der Erstellung der jeweiligen Bekennerschreiben mitgewirkt zu haben. In der Anklage genannt wurden ein Attentat vom Oktober 1986 auf den damaligen Leiter der Berliner Ausländerbehörde, Harald Hollenberg, sowie ein Attentat vom September 1987 auf den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht, Karl Günther Korbmacher. Beide Opfer erlitten schwere Beinverletzungen.
Zudem soll der Angeklagte 1991 zwei wesentliche Strategiepapiere der RZ verfasst haben. Der 60 Jahre alte Berliner hatte vor zwei Wochen ein Teilgeständnis abgelegt. Zudem hatte der Angeklagte außerhalb der Gerichtsverhandlung eine Absprache mit der Bundesanwaltschaft getroffen, teilte das Oberlandesgericht Ende Januar mit. Der auf 1976 bis 1994 angesetzte Tatzeitraum sei nun auf die Jahre ab 1985 begrenzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!