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Rettungsplan stehtMilliardenhilfe für Griechenland

Die Euroländer und der IWF wollen Griechenland Notkredite in Höhe von 30 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Darauf einigen sich die EU-Finanzminister.

Der Rettungsplan für das hoch verschuldete Griechenland steht. Die Finanzminister des Eurogebiets einigten sich am Sonntag auf Details für mögliche Nothilfen. Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Die Mitgliedsländer der Eurozone wollen in den kommenden zwölf Monaten im Notfall 30 Milliarden Euro Kredite für Griechenland bereitstellen. Auch die hoch verschuldeten Euromitglieder Spanien, Italien, Portugal und Irland werden sich beteiligen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) wird ebenfalls eine "bedeutende Summe" beisteuern. Über die Kredithöhe für die Folgejahre wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden. Die Modalitäten für das erste Jahr werden ab sofort zwischen der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem IWF verhandelt. Darauf verständigten sich die EU-Finanzminister gestern in einer Videokonferenz.

Ursprünglich war eine deutlich geringere Summe im Gespräch. Deutschland muss entsprechend seinem Kapitalschlüssel bei der EZB 27 Prozent des Anteils der Euroländer aufbringen, das entspricht 8,1 Milliarden Euro für das erste Jahr. Der Zinssatz soll dem des Internationalen Währungsfonds zuzüglich eines Aufschlags entsprechen und etwa 5 Prozent betragen, wie Währungskommissar Olli Rehn am Sonntag erklärte. Damit liegt er deutlich unter den 7,5 Prozent, die Griechenland zuletzt auf dem freien Markt hatte zahlen müssen. Das Land muss bis Ende Mai Kredite in Höhe von 20 Milliarden Euro umschulden. Die dafür auf dem freien Markt fälligen Zinsen würden sämtliche Einsparungen aus der von Athen angestrebten Haushaltsreform aufbrauchen.

Das Dilemma für die Euroländer besteht darin, dass die EU-Verträge ausdrücklich verbieten, dass ein bankrottes Mitgliedsland von den anderen Mitgliedern der Eurozone gerettet wird. Deshalb betont der Notfallplan, auf den sich der EU-Gipfel Ende März einigte, dass die Zinsen für ein solches Hilfspaket "marktüblich" sein müssen. Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker: "Es ist wichtig zu betonen, dass dieser Preis keine Subvention ist und Griechenland ermutigen soll, so schnell wie möglich wieder zu einem eigenfinanzierten System zurückzukehren", erklärte der Luxemburger. Jedoch hatte unter anderem das Centrum für Europäische Politik in Freiburg darauf hingewiesen, dass subventionierte Kredite ein klarer Verstoß gegen die EU-Verträge seien. Eine entsprechende Klage - etwa vor dem deutschen Bundesverfassungsgericht - sei aussichtsreich. Die EU hofft nun, dass allein die Ankündigung weiterer Details des Notpakets die Märkte so weit beruhigt, dass die Zinsen wieder fallen und Griechenland sich am freien Markt Geld besorgen kann. Juncker zeigte sich optimistisch, obwohl nach Garantieerklärungen der Euroländer im Februar und Ende März die Zinsen für griechische Staatsanleihen weiter gestiegen waren. "Dieses Mal werden die Märkte reagieren, weil wir zeigen, dass Geld dahintersteckt", erklärte Eurogruppenchef Juncker.

Die technischen Einzelheiten, wie die Zinsen festgelegt werden sollen, waren bereits am Freitag auf Expertenebene geklärt worden, nachdem die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit Athens auf "BBB-" herabgestuft hatte. Die griechische Schuldenagentur kündigte am Freitag an, am Dienstag eine Auktion für Staatspapiere mit sechs und zwölf Monaten Laufzeit für insgesamt 1,2 Milliarden Euro zu starten. Bei der Zuteilung kommenden Freitag wird sich zeigen, ob die neuerliche Beruhigungskampagne gefruchtet hat. Am gleichen Tag kommen die Finanzminister zu ihrem informellen Treffen in Madrid zusammen. Wenn sich kein Kreditgeber bereit findet, Griechenland für deutlich unter 7 Prozent Zinsen Geld zu leihen, werden sie voraussichtlich den Notfallmechanismus in Gang setzen.

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4 Kommentare

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  • S
    Sebastian

    Unverschämtheit das für Griechenland jetzt soviel Geld da ist aber nicht für die Kommunen in Deutschland. Wenn ich mir hier so manche Buckelpisten angucke, das Geld wäre besser in Infrastruktur investiert. Oder wenn ich mir die Ruhruni anschaue, da fehlt doch auch an allen Ecken und Enden das Geld. Griechenland haben wir doch schon genug Geld in den Rachen geworfen...

  • HS
    Herrn Schmilz

    Die 100-prozentige Besteuerung von Gewinnen aus Spekulation gegen Staaten und deren Bevölkerung wäre eine recht wirksame Möglichkeit, um das Ruinieren ganzer Weltgegenden zum Zwecke der Bereicherung einzelner krimineller Gewinnler einzudämmen.

    Der Staat oder auch Staatengemeinschaften als Widerpart gegen die Wirtschaft und ihre Profitstrukturen müssen sich wehren können.

    Anderenfalls würden durch die demokratischen Strukturen undemokratische Entwicklungen befördert.

    Ob Gaza mehrheitlich die Hamas "wählt" oder die Ungarn ihre militanten Nationalisten "wählen" ist nicht mal graduell unterschiedlich, und wer die Griechen jetzt aus "Pacta Sunt Servanda"-Gründen den Kapitalisten auszuliefern versucht wird ebenfalls keine besonders demokratische Antwort erhalten ...

    Es geht hier nicht um drei oder sechs Prozent Zinsen, sondern um Demokratie oder Kannibalenkapitalismus.

  • NN
    Nicolas Neuss

    Warum kann Griechenland sich eigentlich nicht für zahlungsunfähig erklären und in Verhandlungen mit seinen Gläubigern treten? Stattdessen muss der europäische Steuerzahler unverschämten und unvorsichtigen Bankern ihre Wucherzinsen bezahlen!

    [und wenn jemand auf die Stabilität des Euro verweist: die geht wohl eher durch das geplante Füllen eines Fasses ohne Boden verloren.]

  • V
    vic

    Ob Griechenland nun finanzielle Hilfe erhalten sollte vermag ich nicht zu beurteilen. Das hängt m.E. vom genauen Anlass des Dilemmas ab.

    Allerdings find ich´s amüsant, dass der Eu-Vertrag, von allen so sehr gepriesen, sich nun als ökonomischer Stolperstein erweist.

    Nun da sie ihren Vertrag haben, sollten sie sich dran halten.

    Aber habe ich irgendwelchen Einfluss drauf? Eben!